Es scheint wie ein Sumpf: Der Wirecard-Skandal ist längst noch nicht aufgearbeitet. Zuletzt geriet die Finanzaufsicht BaFin in den Fokus der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft geht bereits dem Verdacht auf Insiderhandel in der Behörde vor, Chef Felix Hufeld und Vize Elisabeth Roegele mussten gehen. Nun prüft der Staatsanwalt weitere Vorwürfe.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft geht neuen Vorwürfen nach und hat eine "Vorprüfung" bei der Finanzaufsicht begonnen. Informationen seien eingefordert worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es gehe um die Frage, ob die BaFin ihren Aufsichtspflichten nachgekommen sei.
Hintergrund sind Anzeigen von mehreren Wirecard-Aktionären. "Wir haben mehrere Briefe von betroffenen Bürgern erhalten, in denen um Ermittlungen gegen namentlich nicht genannte BaFin-Angestellte gebeten wurde", so der Sprecher gegenüber Reuters.
"Keine Razzia"
Außerdem verlangt die Staatsanwaltschaft Auskünfte von einer weiteren Bundesbehörde sowie einer Privatbank. Details nannte der Sprecher nicht. Eine BaFin-Sprecherin sagte, es habe keine Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft gegeben, der Behörde sei lediglich ein Auskunftsersuchen überreicht worden.
Die Finanzaufsicht war im Zusammenhang mit dem Bilanzskandal bei Wirecard in die Kritik geraten. Das frühere DAX-Unternehmen hatte im Juni 2020 Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge Insolvenz angemeldet - insgesamt könnte es nach Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft um mehr als drei Milliarden Euro gehen. Weil dies jahrelang unentdeckt blieb, steht neben Wirtschaftsprüfern auch die BaFin in der Kritik.
Die Commerzbank hat in der vergangenen Woche die Frankfurter Dependance der britisch-australischen Großkanzlei Ashurst damit beauftragt, eine Schadensersatz-Klage gegen den Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY) vorzubereiten.
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Wirecard-Aktionäre hatten Strafanzeigen erstattet. Sie werfen der Behörde vor, sie habe ihre Aufsichtspflichten verletzt. Zum anderen geht es um die möglicherweise strafbare Verletzung von Insiderwissen.
BaFin-Chef Felix Hufeld und Vizechefin Elisabeth Roegele mussten abtreten, nachdem der Verdacht aufkam, ein BaFin-Mitarbeiter könnte dank Insiderwissen mit Wirecard-Papieren Geschäfte gemacht haben (DER AKTIONÄR berichtete). Die Aufsicht hatte wegen des Verdachts des Insiderhandels einen Mitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt.
BaFin soll reformiert werden
Die Bundesregierung hat am Mittwoch die angekündigte Reform der BaFin auf den Weg gebracht. Unter anderem soll die Behörde künftig mit verdeckten Testkäufen überprüfen, ob Kunden ausreichend beraten werden, bevor sie Finanzprodukte kaufen. Zugleich soll die Aufsichtsstruktur der BaFin effizienter werden, der Präsident soll mehr Kompetenzen bekommen.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte eine umfassende Reform der BaFin angekündigt. Unter anderem soll sie mit Experten für Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalyse verstärkt werden. Eine sogenannte Fokusaufsicht soll die Kontrolle über komplexe Unternehmen aus einer Hand übernehmen. Um selbst Sonderprüfungen durchführen zu können, soll die BaFin zudem eine Taskforce mit besonders ausgebildeten Spezialisten bekommen.
Die Wirecard-Aktie dümpelt derweil weiterhin im Insolvenz-Nirwana um die Marke von 40 Cent.
Der Skandal um Wirecard zieht immer weitere Kreise und immer mehr Beteiligte mit in den Abgrund. Wer als Anleger Geld mit Wirecard verloren hat, zum Beispiel weil er auf das Testat von EY vertraut hat, für den können die Ermittlungen auch positive Auswirkungen haben. Mit jeder Skandalmeldung steigen die Chanchen auf Schadensersatz, wenn potenziell Haftende Fehler erkennen lassen.
(Mit Material von dpa-AFX)
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