Der in der Krise steckende Stahl- und Industriekonzern ThyssenKrupp ist im zweiten Quartal des bis Ende September laufenden Geschäftsjahr 2019/20 noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Die negativen Folgen der Corona-Pandemie belasteten vor allem das Automobil- sowie das Stahlgeschäft. Dazu machten sich Kosten für die Neuausrichtung bemerkbar. Besserung ist dabei nicht in Sicht.
"Die Corona-Pandemie stellt uns vor gewaltige Herausforderungen", sagte Konzernchefin Martina Merz am Dienstag in Essen die Zahlen. Noch sei das ganze Ausmaß der Krise für die Geschäfte von ThyssenKrupp nicht vollständig absehbar. "Aber bereits jetzt wird deutlich, dass die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen sehr tiefe Spuren hinterlassen werden."
Der finanzielle Spielraum, den sich ThyssenKrupp durch den milliardenschweren Verkauf des Aufzugsgeschäfts an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven erhofft hat und auch dringend benötigt, wird Merz zufolge wegen der Corona-Pandemie "deutlich" eingeschränkt.
Der Verkauf soll bis Ende des Geschäftsjahres 2019/20 (per Ende September) abgeschlossen werden, dabei hat ThyssenKrupp inzwischen acht kartellrechtliche Freigaben ohne Auflagen erhalten. Um die Zeit bis zum Abschluss zu überbrücken, hat sich das finanzschwache Unternehmen einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW sowie weiteren Banken gesichert.
Die Neuausrichtung hin zu einem vom Stahlgeschäft dominierten Konzern treibt ThyssenKrupp weiter voran. "Wir haben einen klaren Plan für die Zukunft erarbeitet und werden die Eckpfeiler dem Aufsichtsrat in der kommenden Woche vorstellen", kündigte Merz an. Die eingeleiteten Restrukturierungen seien auf einem guten Weg. "Corona bremst zwar die Entwicklung, aber wir drücken weiter auf‘s Tempo."
Im zweiten Quartal fielen dabei nochmals deutlich höhere Verluste an als zum Jahresauftakt. So summierte sich das Minus im Konzern auf 948 Millionen Euro, nach einem Fehlbetrag von 173 Millionen Euro im Vorjahr, wie das Unternehmen mitteilte. Im ersten Halbjahr häufte ThyssenKrupp damit ein Verlust von 1,3 Milliarden Euro an.
Der Umsatz sank in den drei Monaten per Ende März im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 10,1 Milliarden Euro. Der Auftragseingang fiel um acht Prozent auf 9,5 Prozent. Beim bereinigten operativen Ergebnis (Ebit) musste ThyssenKrupp einen Verlust von 80 Millionen Euro hinnehmen, nach einem Gewinn von 240 Millionen Euro im Vorjahr.
Für das zweite Halbjahr ist keine Besserung in Sicht – im Gegenteil. Der Umsatz im fortgeführten Geschäft dürfte deutlich zurückgehen. Das bereinigte Ebit wird ohne das Aufzuggeschäft "stark negativ erwartet". Im dritten Quartal sei ein Verlust im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich "wahrscheinlich" und "bis zu gut einer Milliarde Euro nicht auszuschließen".
Die Milliarden aus dem Verkauf der Aufzugssparte drohen durch die Corona-Krise schnell aufgezehrt zu werden. Wichtig ist nun, dass die Neuausrichtung schnell voran geht. Anleger verharren vorerst weiter an der Seitenlinie. Die Aktie arbeitet nach dem Ausverkauf der vergangenen Monate derzeit an einer Bodenbildung.
(Mit Material von dpa-AFX)