Der Ausbau der Windkraft in Deutschland kommt noch nicht in Schwung. Im ersten Halbjahr 2020 wurden in Deutschland zwar mehr als doppelt so viele neue Windräder an Land gebaut wie im Vorjahreszeitraum – es war aber dennoch das zweitschwächste Ausbau-Halbjahr der vergangenen 15 Jahre. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
Bis Ende Juni wurden bundesweit 186 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 587 Megawatt in Betrieb genommen. Weil auch 66 alte Anlagen stillgelegt wurden, lag der Netto-Zubau bei 528 Megawatt. Neue Windenergieanlagen sind leistungsstärker als alte. Zwischen Januar und Juni 2019 waren gerade einmal 81 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 271 Megawatt ans Netz gegangen.
Der Präsident Bundesverband Windenergie, Hermann Albers, sagte der dpa: „Die Zahlen bleiben weiter dramatisch hinter den Notwendigkeiten der Energiewende zurück.“ Ohne sehr schnelle gesetzliche Regelungen werde die Delle beim Ausbau bis ins Jahr 2022 verlängert. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer nannte die Zahlen ein „absolutes Desaster“. Die Bundesregierung müsse "endlich handeln".
Die Offshore-Windbrachte zeigte sich optimistischer. Zwar seien im ersten Halbjahr 2020 in Deutschland nur 32 Windkraft-Anlagen auf See mit 219 Megawatt (MW) Leistung installiert worden. Durch die jüngst festgelegten, erhöhten Offshore-Ziele von 20 Gigawatt (GW) bis 2030 und 40 GW bis 2040 sei aber „langfristige Planungssicherheit“ geschaffen worden, teilten die Branchenorganisationen BWE, BWO, VDMA, WAB und die Stiftung Offshore-Windenergie am Freitag mit. Nun müssten die langfristigen Ausbauziele gesetzlich verankert werden.
Windkraft-Ausbau essenziell
Windkraft ist ein zentraler Pfeiler der Energiewende dem Umstieg von Kohle- und Atomstrom auf Strom aus erneuerbaren Energien, also vor allem Wind, Sonne und Biomasse. Seit einiger Zeit stockt der Ausbau vor allem der Windkraft an Land. Als Hauptgründe gelten lange Genehmigungsverfahren, zu wenig Flächen für neue Windparks und viele Klagen von Anwohnern. Vor Ort gibt es oft erhebliche Proteste.
Die Zahlen dürften die Debatte um den Ausbau der erneuerbaren Energien anheizen. Bis 2030 soll der Ökostrom-Anteil auf 65 Prozent steigen, und das bei deutlich mehr Elektroautos auf der Straße. Die Windenergiebranche hält einen Zubau von rund 5.000 Megawatt pro Jahr nötig, um das Ziel zu erreichen.
2019 lag der Ökostrom-Anteil in Deutschland bei mehr als 42 Prozent. Im ersten Halbjahr 2020 kletterte er zwar auf mehr als 50 Prozent. Das war aber auch dem geringeren Stromverbrauch geschuldet - denn die Corona-Krise bremste die Wirtschaft aus.
Der schleppende Windkraftausbau auf dem Heimatmarkt Deutschland ist nicht gut für Nordex. Doch der TecDAX-Konzern kann dies ähnlich wie Wettbewerber wie Vestas oder Siemens Gamesa durch eine wachsende Zahl an Aufträgen aus anderen Ländern kompensieren. Grundsätzlich bleiben die Aussichten der Turbinenbauer deshalb gut – trotz der Krise in Deutschland. Vestas ist der Langfrist-Favorit des AKTIONÄR, Nordex die Alternative für spekulative Anleger.
Mit Material von dpa-AFX