Stühlerücken im Hause der Deutsche Bank: Der Branchenprimus tauscht bei ihrer ins Visier der Justiz geratenen Fondstochter DWS den Boss aus. Am Dienstag hatten die Strafverfolgungsbehörden die jeweiligen Zentralen wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs durchsucht (DER AKTIONÄR berichtete). Die Deutsche-Bank-Aktie zeigt sich davon allerdings unbeeindruckt.
Konkret werde mit Ablauf der Hauptversammlung am 9. Juni der derzeitige Vorstandsvorsitzende Asoka Wöhrmann sein Mandat niederlegen, Nachfolger wird mit Wirkung zum 10. Juni der Deutsche-Bank-Manager Stefan Hoops. Hoops leitet derzeit die Unternehmensbank der Deutschen Bank, die den gesamten Firmen- und Geschäftskundenbereich des Instituts umfasst.
Razzia am Dienstag
Am Dienstag hatten etwa 50 Einsatzkräfte von Staatsanwaltschaft, Finanzaufsicht Bafin und Bundeskriminalamt (BKA) Räume in der Zentrale der Deutschen Bank Frankfurt sowie im benachbarten Gebäude der DWS unter die Lupe genommen. Anlass nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt: Verdacht des Kapitalanlagebetrugs. Sichergestellt wurden nach Angaben der Behörde vom Mittwoch schriftliche Unterlagen und Datenträger.
Greenwashing-Vorwürfe
Dem Vermögensverwalter DWS wird vorgeworfen, sogenannte grüne Finanzprodukte als "grüner" verkauft zu haben, als diese tatsächlich sind. Die DWS soll Angaben zu Nachhaltigkeit zu hoch angesetzt haben, in Wahrheit aber bei Themen wie Umwelt- und Klimaschutz nicht so weit fortgeschritten sein wie angegeben - "Greenwashing" also.
"Nach Prüfung haben sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte ergeben, dass entgegen der Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds ESG-Faktoren nur in einer Minderheit der Investments tatsächlich berücksichtigt worden sind, in einer Vielzahl von Beteiligungen jedoch keinerlei Beachtung gefunden haben", erklärte die Staatsanwaltschaft. Damit steht der Vorwurf des Prospektbetrugs im Raum. ESG steht für "Environment, Social, Governance", auf Deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung.
DWS-Boss mit zwielichtigem Verhalten
Wöhrmann, der 2018 als Chief Executive Officer (CEO) an die Spitze der DWS zurückgekehrt war, war in den vergangenen Monaten zusätzlich unter anderem deshalb unter Druck geraten, weil er Geschäftliches sowohl über seinen privaten E-Mail-Account als auch auch über den Messengerdienst Whatsapp kommuniziert haben soll - zwei Kanäle, die gegen interne Regeln verstoßen.
"Die Anschuldigungen, die in den letzten Monaten gegen die DWS und mich erhoben wurden, auch persönliche Angriffe und Drohungen, wie unbegründet oder unhaltbar sie auch sein mögen, haben Spuren hinterlassen. Sie waren sowohl für die Firma als auch für mich und vor allem für meine Angehörigen eine Belastung", schrieb Wöhrmann am Mittwoch in einer Mitteilung an die Belegschaft. "Daher habe ich mich schweren Herzens mit der Firma darauf geeinigt, als CEO zurückzutreten. Ich möchte sowohl der DWS als auch mir einen Neuanfang ermöglichen."
Die Deutsche-Bank-Aktie gewinnt am Mittwoch rund 0,4 Prozent auf 10,41 Euro.
In Deutschland gilt der Rechtsgrundsatz "in dubio pro reo" (Unschuldsvermutung). Deshalb stehen weiterhin die seit einiger Ziet bekannten Anschuldigungen im Raum. Daher dürfte die Deutsche Bank als Konzernmutter der DWS - selbst im Falle der nachgewiesenen Schuld - keinen größeren Schaden nehmen. Vielmehr sollten Anleger auf die historisch günstige Bewertung richten. Kurzum: DER AKTIONÄR bleibt bei seinem Kursziel von 13 Euro, zumal auch das Chartbild (kurzfristiger Aufwärtstrend - siehe Chart)) für weiter steigende Kurse spricht.
(Mit Material von dpa-AfX)