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GameStop, BlackBerry, AMC Entertainment: Harm set, harm get

GameStop, BlackBerry, AMC Entertainment: Harm set, harm get
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28.01.2021 ‧ Leon Müller

Was passiert, wenn sich viele Kleinanleger zu einer gemeinsamen Wette verabreden? Was, wenn ihr Ziel ein Hedgefonds ist, der auf fallende Kurse spekuliert? Sind viele kleine in der Lage, einen großen zu Fall zu bringen? Gewinnt David gegen Goliath? Und dann am Ende des Tages, wenn die Schlacht geschlagen ist: Gibt es einen Sieger?

In US-Aktienforen, auf Reddit, bei WallStreetBets, versuchen Anleger, Antworten darauf zu finden. Ihre Wette: Long gegen den Short des Hedgefonds Melvin Capital in Aktien von GameStop.

Der Markt wird alle Fragen beantworten. Wer wissen will, wie es ausgehen könnte, muss versuchen, zu verstehen, was die einzelnen Akteure treibt. Shortseller haben das Ziel, Anomalien aufzuspüren. Passen Preis und Wert nicht überein, wittern sie etwa unternehmerischen Betrug oder können ihn gar belegen, gehen sie eine Wette auf fallende Kurse ein. Shortseller sind professionelle Skeptiker. Nähert sich der Preis dann dem vermuteten Wert an, kaufen sie die Aktie zurück. Die Differenz ist ihr Profit. 

Dass Shortseller Detektivarbeit zu leisten vermögen, zeigen Beispiele wie Enron und Wirecard eindrucksvoll. Während sie früh auf Unstimmigkeiten hinwiesen (Fraser Perring/Zatarra Research bei Wirecard, Jim Chanos bei Enron und Worldcom), begnügen sich Analysten und Aufseher dagegen oft mit Berichten, die den Charakter von archäologischen Ausgrabungen haben. Sie schreiben erst, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Shortseller können ihnen also einen Schritt voraus sein. Ihre Wetten aber sind hochriskant. Und beginnen zumeist mit einem Verlust. Denn langfristig betrachtet steigen die Kurse. Ausreißer nach unten sind das, was sie sind: Ausreißer. Die alte Weisheit „Der Markt kann länger irrational bleiben, als Sie liquide“, kommt nicht von ungefähr. Und dann ist da noch das Problem, dass ihre Profite auf 100 Prozent begrenzt sind, Verluste aber ins Unendliche laufen können. 

Zurück zum Anfang: Shortseller sind nicht beliebt. Aber sie haben ihre Daseinsberechtigung als Korrektiv von Übertreibungen und potenzieller Verhinderer substanzloser Blasen. Die Reddit-Bubble, die jetzt GameStop nach oben und die Shortseller aus dem Markt schießt, beschreitet einen schmalen Grat. Den Boten einer schlechten Nachricht – in diesem Fall die Shortseller – zu erschießen, verändert nicht die Realität. GameStop ist alles, aber gewiss keine 21 Milliarden Dollar wert. Dafür sind die Schwierigkeiten im operativen Geschäft zu existenziell. Das heißt: Die Blase, die Melvin Capital mit seiner Short-Position verhindern wollte, wird durch die Verdrängung – Melvin soll alle leerverkauften Aktien mit Milliardenverlusten wieder zurückgekauft haben – durch die Forenschreiber nur noch größer. Und je größer eine solche Blase wird, desto größer wird der Knall, den sie hinterlässt.

Ergo bleibt: Ja, David – in diesem Fall Reddit/WallStreetBets – kann Goliath in die Knie zwingen. Kurzzeitig. Am Ende aber könnte es heißen: Harm set, harm get. Oder auf Deutsch: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Einen Sieger gibt es dann nicht, nur Verlierer. Und zwar auf allen Seiten. Und das ist gewiss nicht, wofür die Börse stehen sollte. 

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Dieses Editorial ist in DER AKTIONÄR Nr. 05/2021 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.

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