Kurz vor der voraussichtlich ersten Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) seit mehr als einem Jahrzehnt dürfte am Donnerstag gespanntes Abwarten den deutschen Aktienhandel prägen. Der Broker IG indiziert den DAX knapp zwei Stunden vor Handelsbeginn mit 13.268 Punkten leicht im Minus.
Schon am Vortag hatte der Leitindex DAX nach kräftigen Schwankungen im Handelsverlauf mit einem moderaten Verlust geendet. Grund waren Unsicherheiten, ob die Gaspipeline Nord Stream 1 wieder in Betrieb genommen wird und wenn ja, wie viel Gas fließt. Hier dürften sich Börsianer nun erleichtert zeigen. Es fließe wieder Gas, sagte ein Sprecher der Nord Stream AG der Deutschen Presse-Agentur. "Die Wiederaufnahme der Gaslieferung lässt die Börsianer aufatmen", schrieb Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Damit sei die Energiekrise natürlich bei weitem nicht gelöst, zumindest kurzfristig sei aber ein Albtraum-Szenario abgewendet.
Mit Blick auf die EZB ist fraglich, wie stark die Zinsanhebung ausfallen wird. Eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte gilt als ausgemachte Sache. Allerdings ist wegen der hohen Inflation auch ein deutlicherer Schritt um einen halben Prozentpunkt nicht ausgeschlossen.
Die jüngste Erholungsrally an der Wall Street ist am Mittwoch verhaltener weiter gegangen. Die zentrale Rolle an den Aktienmärkten spielte weiter die Gasversorgung Europas und die damit verbundenen Sorgen. Gestützt auf gute Nachrichten vom Streamingdienst Netflix fielen allerdings die Technologiewerte an der Nasdaq-Börse positiv auf. Der Leitindex Dow Jones Industrial tat sich schwer, am Ende legte er um 0,15 Prozent auf 31.874,84 Punkte zu. Der marktbreit gefasste S&P 500 gewann 0,59 Prozent auf 3.959,90 Punkte. Der Nasdaq 100 zog um 1,55 Prozent auf 12.439,68 Punkte an. Für alle drei Indizes hatte es im Verlauf für das höchste Niveau seit fast sechs Wochen gereicht.
Die Börsen Asiens haben am Donnerstag keine gemeinsame Richtung gefunden. Der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Unternehmen des chinesischen Festlands fiel zuletzt um ein halbes Prozent und der Hang-Seng-Index der Sonderverwaltungszone Hongkong sank um 1,2 Prozent. In Japan legte der Nikkei 225 kurz vor Handelsende um 0,3 Prozent zu. Japans Zentralbank widersetzt sich weiterhin dem globalen Trend zur geldpolitischen Straffung und lässt die Zügel trotz der steigenden Inflation und der rasanten Talfahrt des Yen extrem gelockert.
Auf der Terminseite stehen neben dem EZB-Zinsentscheid insbesondere einige Quartalszahlen auf dem Programm. Es berichten unter anderem Roche, SAP, Sartorius, AT&T, Philip Morris, American Airlines, Mattel und Snap. Am Vorabend nach Börsenschluss hatte bereits Tesla seine Zahlen präsentiert und positiv überraschen können. Zudem stehen die Chemiewerte um BASF und Covestro aufgrund der Gaslieferungen aus Russland im Fokus.
DER AKTIONÄR wird im Laufe des Tages über sämtliche wichtigen Entwicklungen und Neuigkeiten an den nationalen und internationalen Märkten berichten.