„Todesurteil?“, titelte DER AKTIONÄR bereits gestern. Da hatte das Gericht in Amsterdam gerade einen Restrukturierungsplan Steinhoffs und seiner Gläubiger genehmigt. Der Aktienkurs – ohnehin im Vorfeld schon nur noch bei 1,5 Euro-Cent – kollabierte. Heute geht es erneut fast 30 Prozent abwärts. Eine Aktie wurde zuletzt für 0,3 Cent (!) gehandelt.
Gestern Abend gab es dann auch noch ein Video von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die dafür gekämpft hatte, dass der Restrukturierungsplan nicht genehmigt wird. Titel des Clips: „Steinhoff: Schluss, Aus, Vorbei? – Alles zum Skandalurteil!“
„Wir sind alle ein bisschen niedergeschlagen und können es gar nicht fassen, dass wir mit unseren Einwänden dagegen nicht durchgekommen sind“, sagt Dr. Marc Liebscher, Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), in dem Video.
Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Grundsätzlich gilt aber: Die Quasi-Enteignung der Anleger ist besiegelt. Das Urteil ist endgültig. Es gibt keine Möglichkeit, daran per Berufung oder Revision noch zu rütteln.
Das heißt: 80 Prozent von Steinhoff gehen an die Gläubiger. Die Aktien verschwinden von der Börse und werden in sogenannte CVRs (contingent value rights) umgewandelt.
„Wir sind entsprechend bestürzt und können es auch ein Stück weit nicht nachvollziehen“, sagt Liebscher. Man wisse nicht, wie es zu dem Urteil gekommen sei, habe aber einige Gedanken. So könne es sein, dass sich Amsterdam als Restrukturierungsstandort etablieren wolle und es dementsprechend vielleicht auch politischen Druck gegeben habe.
Die SdK und auch das Gericht hatte vor dem Urteil hinterfragt, warum genau es zur 80/20-Aufteilung kommen sollte und warum eine relativ komplexe Lösung (inklusive Stiftung) notwendig sei. Selbst die Unternehmensbewertung war umstritten. So kam ein Gutachten im Auftrag der SdK zu dem Schluss, dass Steinhoff mehr wert sei als seine rund zehn Milliarden Euro Schulden. Aktueller Börsenwert Steinhoffs: noch knapp 14 Millionen Euro.
DER AKTIONÄR hatte stets vor dem hohen Totalverlustrisiko gewarnt. Bereits bis zum 30. Juni könnte die Sache größtenteils erledigt sein. Der Handel mit der Steinhoff-Aktie könnte jetzt jederzeit eingestellt werden. Die SdK will eventuell noch versuchen, Schadensersatzansprüche wegen einer fehlenden Ad-Hoc-Mitteilung im vergangenen Jahr geltend zu machen. Grundsätzlich gilt aber: Die Musik hat aufgehört zu spielen. Nach mehr als fünf Jahren ist klar: Der Vorhang fällt – und es gibt kein Happy End für die Steinhoff-Spekulanten.