Die Aktie von Nvidia läuft – und läuft – und läuft. Mit dem Aktienkurs steigt jedoch auch die Bewertung von Nvidia. Zeit, die Bremse zu ziehen.
Wachstumschance Gaming
Die Aktie von Nvidia ist aufgrund der hervorragenden Wachstumsaussichten im Gaming und im Data-Center ein Liebling der Analysten. Am Mittwoch hat beispielsweise Piper Sandler das Kursziel des Chip-Herstellers von 250 auf 275 Dollar angehoben. Die Analysten schreiben in ihrer Studie: „Unserer Ansicht setzt Gaming 2020 wieder zum Wachstum an. Wir gehen zudem nicht davon aus, dass es AMD gelingt, deutlich Marktanteile hinzuzugewinnen, da Nvidia das must-have im Bereich Grafikkarten ist.“
Tatsächlich könnte der Gaming-Markt dank Cloud-Gaming und den neuen Konsolen 2020 wieder viel Bewegung sehen. Jedoch haben sich sowohl Google beim Cloud-Gaming Dienst Stadia als auch die PlayStation 5 und Xbox Series X für AMD-Hardware entschieden. Bei Desktop- und Mobile-Karten kommt AMD zwar noch nicht an Nvidia vorbei, doch die neuen Gaming-Trends hat der Verfolger für sich gewonnen.
Wachstumschance Data-Center
Im Data-Center ist laut Nvidia-Management ebenfalls mit einer Beschleunigung des Wachstums zu rechnen. Nach einer elfprozentigen Steigerung vom Q2 auf das Q3 können Anleger nach Schätzungen des AKTIONÄR im Q4 ein Wachstum vom 15 Prozent erwarten.
Insbesondere der breitere Einsatz von KI zur Spracherkennung sollte die Nachfrage im Q4 und darüber hinaus antreiben. Langfristiger Treiber im Data-Center bleibt zudem das Training und die Inferenz von KI zur Bilderkennung, wie es beispielsweise für das Autonome Fahren benötigt wird. Top-Produkte sind hier Nvidia T4 und Nvidia V100 – doch zahlreiche Konkurrenten (Intel, AMD, Google, Xilinx und unzählige Start-ups) drängen ebenfalls in den Markt und weichen den First-Mover-Vorteil des Grafikchips als KI-Beschleuniger auf.
Das große Aber!
Nvidia bleibt eine Aktie, mit der Investoren auf mehrere Megatrends gleichzeitig setzen können – und die langfristigen Aussichten für Nvidia als Unternehmen sind positiv. Die Frage nach dem Preis ist jedoch eine andere. Denn einen Großteil der aktuellen Bewertung von einem 20er-KGV von 44 und einem 20er-KUV von 14 zahlen Nvidia-Anleger für künftige Wachstumsaussichten auf noch jungen Märkten. Konkurrenten, die ebenfalls in Sachen Data-Center Erfolg haben dürften, kosten teils deutlich weniger (Beispiel Intel mit 20er-KGV 12 und 20er-KUV 3,6). Fundamental günstig ist die Nvidia-Aktie damit nicht.
Der rasante Kursanstieg von Nvidia ist nach Ansicht des AKTIONÄR eher eine vom Momentum getragene Rallye. Das zeigen auch die Schätzungen der Analysten. So werden die Umsatz- und Gewinnerwartungen kaum angetastet, sondern nur die Vielfachen wie EV/EBITDA oder EV/Sales nach oben gesetzt, um Kursziele auszurufen, die über dem aktuellen Kurs liegen. Die Begründung rund um Wachstumstrends im Data-Center (HPC und KI) und Gaming (Ray-Tracing und Mobile) bleibt dabei die Gleiche.
Korrektur könnte bevorstehen
Zwar rechtfertigt der aktuelle Gesamtmarkt dank der Einigung im Handelsstreit und einer zyklischen Erholung im Chip-Markt höhere Bewertungen – doch es gilt zu bedenken, dass Momentum-Aktien in der Regel früher oder später korrigieren.
Hier lohnt ein Blick in die Vergangenheit: Ende 2018 hatte sich die Bewertung von Nvidia ebenfalls in luftige Höhen aufgeschwungen. Was folgte war ein erster Abverkauf im Oktober 2018 nach negativen Kommentaren zur Gefahr eines durch den Handelsstreit ausgelösten zyklischen Abschwungs. Die Aktie fiel in wenigen Tagen knapp 30 Prozent. Kurz darauf folgte ein erneuter Abverkauf von knapp 30 Prozent, nachdem Nvidia die überhöhten Erwartungen des Marktes nicht mit den entsprechenden Quartalszahlen untermauern konnte.
Verglichen mit 2018 hat die Nvidia-Aktie zwar noch Luft, ihre Bewertung weiter aufzublähen – Anleger sollten sich jedoch gegenüber einer harten Korrektur der Momentum-Rallye absichern.
DER AKTIONÄR empfiehlt daher an dieser Stelle einen Teilverkauf der Nvidia-Aktie und eine Anpassung des Stopps auf 200 Euro, um etwas Risiko aus der gut gelaufenen Position herauszunehmen. Der Rest bleibt investiert, denn eine weitere Regel gilt für Momentum-Aktien: Sie können von einem irrationalen Markt immer weiter nach oben getrieben werden.
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Nvidia.