Der Zwist mit der Fluggesellschaft des Golf-Emirats Katar hat Airbus erwartungsgemäß einen mageren Januar beschert. Sowohl bei den Auslieferungen als auch bei den Neubestellungen abzüglich Stornierungen lag Boeing vor den Europäern. Doch auch der US-Konzern hat so seine Probleme. Beide Aktienkurse legen jedoch zu.
Airbus hat im Januar 30 Verkehrsflugzeuge an Kunden übergeben, teilte der DAX-Konzern mit. Die Mehrzahl der Auslieferungen entfiel dabei auf die neuen Mittelstreckentypen A320neo und A321neo. Im Dezember hatte der Hersteller in einem Schlussspurt jedoch noch 93 Maschinen ausgeliefert.
Airbus zofft sich mit Qatar Airways
Der Jahresanfang fällt bei Airbus üblicherweise schwach aus, da der Hersteller in der Regel im Monat zuvor Gas gibt, um seine Auslieferungsziele zu erreichen. Dennoch hat der Konzern diesmal etwas mehr Startschwierigkeiten, denn der Disput mit seinem wichtigen Kunden Qatar Airways überschattete Airbus' Auftragsbilanz im Januar.
Zwar sammelte der europäische Flugzeugbauer im vergangenen Monat neue Bestellungen über 36 Flugzeuge ein. Allerdings standen dem auch 52 Stornierungen gegenüber, darunter allein 50 Maschinen des A321neo, die für die Araber-Airline vorgesehen waren. Airbus selbst hat im Zwist mit der arabischen Fluggesellschaft deren gesamte Bestellung gekündigt.
Der Flugzeugbauer zog damit außergerichtliche Konsequenzen, nachdem die Airline des Emirats Katar im Dezember gegen Airbus beim High Court in London eine Klage wegen der Oberflächen-Beschichtung bei seinem Großraumjet A350 eingereicht hatte und Schadenersatz von gut 600 Millionen Dollar fordert.
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Boeing profitiert
Von dem Clinch profitiert mittlerweile Boeing: Zuletzt hatte Qatar Airways beim US-Hersteller einen Vertrag über den Kauf von bis zu 102 Maschinen unterzeichnet (DER AKTIONÄR berichtete). Das laut Listenpreisen bis zu 34 Milliarden Dollar schwere Auftragspaket umfasst 50 Frachtversionen des neuen Großraumfliegers 777X sowie zwei Maschinen der aktuellen Modellserie.
Zudem habe die arabische Fluggesellschaft vorläufige Kaufvereinbarungen für 25 Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max sowie Optionen für weitere 25 abgeschlossen.
Boeing wiederum lieferte im Januar nach eigenen Angaben vom Dienstag insgesamt zwar 32 Flugzeuge aus – und damit zwei Jets mehr als Airbus. Für die Amerikaner war dies jedoch der niedrigste Wert seit drei Monaten. Der Airbus-Rivale leidet schon länger darunter, dass die 787 wegen verschiedener Produktionsmängel nicht an Kunden übergeben werden kann. Boeing wartet weiter auf grünes Licht der US-Flugaufsicht.
Boeing heimst viele Aufträge für 737 Max ein
Sonderbelastungen wegen des Modells – etwa für Ausgleichszahlungen aufgrund verzögerter Auslieferungen – brockten Boeing im Schlussquartal bereits einen Verlust von 4,2 Milliarden Dollar ein. Von den im Januar ausgelieferten Boeing-Jets entfiel der Großteil auf den Mittelstreckenflieger 737 Max, der nach zwei verheerenden Abstürzen über anderthalb Jahre lang mit Startverboten belegt war. Boeing verbuchte im Januar Aufträge für 77 Jets, 55 davon 737 Max.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Boeing dank des Comebacks des Krisenfliegers 737 Max und einer Erholung der Luftfahrtbranche von der Corona-Krise seine Auftragsbilanz stark verbessert. Erstmals seit 2018 lag der US-Konzern bei den Nettobestellungen – also abzüglich Stornierungen und Umbuchungen – wieder vor dem europäischen Konkurrenten. Die Boeing-Aktie ging am Dienstag mit einem Plus von 0,6 Prozent bei 213,27 Dollar aus dem US-Handel.
Airbus-Ziele kommen mit Bilanzvorlage
Bei den Auslieferungen aber ließ Airbus im vergangenen Jahr Boeing erneut hinter sich: 2021 hatte der deutsch-französische Konzern 611 Flugzeuge ausgeliefert und damit das eigene Ziel von etwa 600 Maschinen übertroffen. Das Niveau von 863 Auslieferungen aus dem Rekordjahr 2019 war jedoch weit entfernt.
"Auch wenn noch Unsicherheiten bestehen, sind wir auf dem richtigen Weg, die Produktion im Laufe des Jahres 2022 zu steigern", sagte Airbus-Chef Guillaume Faury im Januar. Genaue Ziele setzt sich der Konzern üblicherweise erst bei der Bilanzvorlage, die dieses Mal für den 17. Februar geplant ist.
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat die Einstufung für Airbus nach Auslieferungszahlen für Januar auf der "Conviction Buy List" mit einem Kursziel von 179 Euro belassen. Der Flugzeugbauer habe zum Jahresstart zwar weniger neue Maschinen ausgeliefert als im Dezember, aber mehr als im Januar 2021, schrieb Analystin Daniela Costa in einer aktuellen Studie. Ein schwacher Start zum Jahresauftakt sei normal und spiegele die übliche Saisonalität wider.
Auch an der Börse spürt man von den flauen Auslieferungszahlen von Airbus nichts. Am Mittwoch startet der DAX-Wert auf Xetra mit einem Plus von 0,7 Prozent auf 116,50 Euro.
Die Auseinandersetzung zwischen Airbus und seinem (früheren) Großkunden Qatar Airways ist ärgerlich und teuer. Dennoch sollten die Europäer etwas besser für die Zukunft ausgerichtet sein. DER AKTIONÄR bevorzugt Airbus gegenüber Boeing und hat ein Kursziel von 140 Euro ausgegeben.
(Mit Material von dpa-AFX)