Mit den anhaltenden Spannungen in Nahost steht dem deutschen Aktienmarkt wahrscheinlich erneut eine stürmische Woche bevor. Doch in der nahenden großen Welle von Firmenbilanzen könnte sich auch der eine oder andere Sonnenstrahl verbergen. Zudem tagt die EZB und entscheidet über die Leitzinsen. Der Wochenausblick.
Die Lage im Nahen Osten macht die Aktien-Anleger nervös und hält sie von Käufen ab. Für eine nachlassende Risikoaversion an den Finanzmärkten wäre wenigstens eine Entspannung an den Rentenmärkten notwendig. Doch davon war zuletzt nichts zu sehen. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen kratzte vor dem Wochenende zeitweise an der Fünf-Prozent-Marke. Für die Aktienmärkte wächst so die Konkurrenz durch die vermeintlich sicheren Anlagen.
Auf der Suche nach sicheren Häfen erlebt auch Gold trotz der steigenden Renditen am Anleihemarkt weiter Zulauf. Die Furcht vor einer Eskalation in Nahost wird von Anlegern des gelben Edelmetalls derzeit stärker gewichtet als der starke Anstieg der Kapitalmarktzinsen. Am Freitag sprang der Preis für eine Feinunze Gold zeitweilig auf 1.995 Dollar.
Derweil leiden die Aktienmärkte weltweit. Der DAX sackte am Freitag deutlich unter die runde Marke von 15.000 Punkten. Zum Handelsschluss verzeichnete der Deutsche Aktienindex mit dem tiefsten Kurs des Tages bei 14.798 Punkten ein Tages-Minus von 1,64 Prozent – der tiefste Stand seit März. Auf Wochensicht verlor der DAX 2,6 Prozent. Und der Broker IG taxierte den Weekend-DAX am Sonntag-Morgen weiterhin knapp unter 14.800 Zähler.
Durchaus Überraschungspotenzial
Eine Jahresendrally am deutschen Aktienmarkt ist nach Meinung einiger Beobachter trotz des Krisenumfelds durchaus noch möglich, denn die Messlatte der Anleger für positive Überraschungen sei niedrig. "Die derzeit toxische Gemengelage aus hohen Zinsen, strauchelnder Wirtschaft und hoher Risikoaversion ist längst ausgereizt", sagt Sven Streibel, Chef-Aktienstratege der DZ Bank. "Dies birgt positives Überraschungs- und Kurspotenzial."
Charttechnisch hat sich das Bild für den DAX allerdings weiter eingetrübt. Besser sähe es erst nach einer Erholung über 15.500 Punkte aus, wo derzeit die 50-Tage-Linie verläuft. "Solange der Krieg im Nahen Osten tobt und die Gefahr des Eingriffes weiterer Staaten nicht ausgeschlossen werden kann, werden sich Investoren mit Aktien nicht die Finger verbrennen wollen", schrieb der Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.
Da nutzt es derzeit auch wenig, dass beim Blick in den Kalender die gegenwärtige Jahreszeit eher für Aktien-Engagements spricht. Unter saisonalen Aspekten ist die Zeitspanne Oktober bis Dezember die beste Zeit des Jahres – der Oktober selbst sei bisweilen aber noch schwierig gewesen, schreibt die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die geopolitischen Risiken dämpfen das Erholungspotenzial.
Viele Quartalszahlen
Akzente dürfte in der neuen Woche allerdings die Berichtssaison setzen, die in den USA und in Europa nun richtig Fahrt aufnimmt. Aus dem DAX berichten am Mittwoch die Deutsche Bank, der Konsumgüter-Hersteller Beiersdorf, der Aromen-Produzent Symrise und die Porsche AG über das dritte Quartal. Am Donnerstag sind Mercedes-Benz und Volkswagen an der Reihe und am Freitag der Kunststoff-Konzern Covestro und der Triebwerksbauer MTU. Auch aus dem MDAX melden diverse Unternehmen ihre Quartalszahlen.
Am vergangenen Freitagabend hat Volkswagen bereits Eckdaten zum Q3 bekannt gegeben. Der VW-Konzern hat demnach Umsatz und operatives Ergebnis gesteigert. Aber: Beim operativen Gewinn des laufenden Jahres wird er vorsichtiger. Für das operative Ergebnis peilen die Manager nur noch den Vorjahreswert von rund 22,5 Milliarden Euro an. Die VW-Dachholding Porsche SE bestätigte hingegen ihre Ergebnisprognose.
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Big Tech meldet Q3-Zahlen
In den USA richtet sich die Aufmerksamkeit vor allem auf den Technologie-Sektor. Mit den Quartalszahlen von Microsoft und der Google-Mutter Alphabet am Dienstag, dem Facebook- und Instagram-Konzern Meta zur Wochenmitte sowie Amazon und Intel am Donnerstag kommen wichtige Einflussgrößen für den Gesamtmarkt.
Wohl keine Zinserhöhung der EZB
Wichtigster Konjunkturtermin ist am Donnerstag die Leitzins-Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB). Nach der im September erfolgten zehnten Anhebung nacheinander, womit der Leitzins aktuell bei 4,5 Prozent liegt, rechnen Marktteilnehmer nun überwiegend mit einer Zinspause. "Die EZB dürfte auf Basis des jüngsten Inflationsrückgangs in der Eurozone keine weitere Leitzinsanhebung mehr beschließen", sagt etwa Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck. Er erwartet, dass die Notenbank angesichts der zunehmenden Unsicherheit – gerade in Sachen Energiepreise infolge des Nahost-Konflikts – die Bedeutung der eingehenden Wirtschaftsdaten betonen wird, die zunehmend für eine Rezession sprächen.
Besser sieht es für die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten aus. Sie dürfte im dritten Quartal kräftig gewachsen sein, prognostiziert Christoph Weil von der Commerzbank. Bekannt gegeben wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) am Donnerstag. "In den USA gibt es im Gegensatz zum Euroraum bisher keine Hinweise auf einen Abschwung, so der Commerzbank-Volkswirt. Er erwartet allerdings weiterhin, dass die massiven Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed an der Wirtschaft nicht spurlos vorbeigehen und sie im nächsten Jahr stärker dämpfen werden.
Konjunkturseitig ebenfalls auf Interesse dürfte das Verbrauchervertrauen in der Eurozone stoßen, das gleich am Montag veröffentlicht wird. Stimmungsdaten aus dem Dienstleistungssektor und der Industrie sowohl in Europa als auch in den USA stehen am Dienstag auf der Agenda. In Deutschland folgt am Mittwoch mit dem Ifo-Index das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer. (Mit Material von dpa-AFX)
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