Es war offenbar ein zähes Ringen. Erst am Montagabend verkündete der mit rund 300 Milliarden Dollar verschuldete Immobilienkonzern Evergrande eine Einigung mit einem wesentlichen Teil seiner Gläubiger. Die in Honkong notierte China-Aktie bleibt vorerst trotzdem weiter vom Börsenhandel ausgesetzt – aus gutem Grund.
Evergrande hat mitgeteilt, dass eine Einigung mit einem entscheidenden Teil der Gläubiger nun besiegelt ist. Dabei geht es um den Großteil der Gläubiger außerhalb von Festlandchina, die Anleihen in Höhe von rund 20 Milliarden Dollar halten. Für die Altaktionäre bedeutet das Ergebnis unter anderem eine Verwässerung, da die alten Schulden der Gläubiger zum Teil in Eigenkapital (Aktien) im Bereich Immobilienverwaltung und Elektroautogeschäft (Evergrande besteht aus diversen Unternehmen) getauscht werden können. Insgesamt wurden drei Restrukturierungsvereinbarungen getroffen, an denen sich rund 55 Prozent der Dollar-Anleihen-Besitzer beteiligen.
Besser als befürchtet
Eigentlich hätte die Einigung bis zum 31. März erfolgen sollen. Doch die Verhandlungen waren in die Verlängerung gegangen. Ein Insider zeigte sich anschließend gegenüber der Financial Times zufrieden: Das Ergebnis sei letztendlich deutlich vom Worst-Case-Szenario entfernt.
Evergrande hatte mit einem ersten Zahlungsausfall 2021 den chinesischen Immobilienmarkt in die Krise gestürzt. Der Konzern steht immer noch stellvertretend für mehrere Immobilienunternehmen, die massiv angeschlagen sind. Zuletzt hat sich die Situation etwas beruhigt. Trotzdem bleibt die Lage angespannt. Da der Immobiliensektor in China einen wesentlichen Teil der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht, wird die Entwicklung rund um Evergrande von Anlegern und Wirtschaftsexperten weltweit beobachtet.
Die jüngste Einigung ist ein Meilenstein im Milliarden-Poker um Evergrande. Auch damit ist der Restrukturierungsprozess aber längst nicht abgeschlossen. Viele Details sind noch unklar. Demnach verwundert es auch nicht, dass die Aktie, die bereits seit mehreren Quartalen nicht mehr handelbar ist, vorerst weiterhin vom Handel ausgesetzt bleibt.
Hinweis: Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko. DER AKTIONÄR rät dazu, nur in Einzelfällen und mit geringer Gewichtung in China-Aktien zu investieren.