Der Private-Equity-Investor Mutares hat seine Anleihe verschoben und den IPO von Nordec abgesagt. An der Zuversicht von Firmenlenker und Gründer Robin Laik ändert das nichts. Im Interview mit dem AKTIONÄR spricht er über das herausfordernde Automotive-Geschäft, Beteiligungen, die über Plan laufen, und deutet Alternativen zum Nordec-IPO an.
DER AKTIONÄR: Herr Laik, das erste Halbjahr ist vorbei, transaktionsseitig hat Mutares einmal mehr ein ordentliches Tempo vorgelegt. Was waren aus Ihrer Sicht die Deal-Highlights bisher?
Robin Laik: Bei den Highlights ist sicherlich der Kauf des Spritzgussgeschäfts von MANN+HUMMEL zu nennen. Damit ergänzen wir unsere Beteiligung LMS, die wir im vergangenen Jahr von Magna übernommen haben, ideal und können daraus zusammen mit SFC Solutions einen Tier-1-Zulieferer für die Automobilindustrie mit Milliardenumsatz formen. Aber auch die beiden Akquisitionen von Siemens Energy sehen wir ausgesprochen vielversprechend. Damit besetzen wir das Thema Energieeffizienz, was gerade in der aktuellen Energiedebatte ein entscheidender Bestandteil in industriellen Prozessen und bei Kraftwerken ist. Insgesamt können wir stolz darauf sein, dass wir seit Jahresanfang bereits zwölf Transaktionen unterzeichnet oder abgeschlossen haben. Wir sehen uns daher auf Kurs, wie avisiert einen Konzernumsatz von vier Milliarden Euro in 2022 zu erreichen.
Das Makroumfeld hat sich durch die Lockdowns in China und vor allem den Krieg in der Ukraine, mit der Energiediskussion und der hohen Inflation eingetrübt. Die Rahmenbedingungen sind auch für Mutares herausfordernd, oder?
Das ist richtig. Im Segment Automotive & Mobility hat sich das Marktumfeld im zweiten Quartal gegenüber dem Jahresauftakt eingetrübt. Die Kunden im Automotive-Bereich können teilweise wegen fehlender Teile ihre Autos nicht produzieren. Wir können die Effekte aber managen und hoffen auf eine Besserung bis spätestens im vierten Quartal.
Beeinträchtigt das aktuelle Umfeld derzeit die Möglichkeiten, aus dem Portfolio Dividenden zu ziehen bzw. verändert sich das Portfolio-Income in absoluten Zahlen?
Die aktuelle Situation ist herausfordernd und gerade im Autobereich nicht einfach. Wir haben aber beispielsweise mit Frigoscandia, Terranor, La Rochette und Clecim auch Gesellschaften, die deutlich über Plan performen. Das Portfolio-Income orientiert sich in Summe vor allem an der Portfolio-Größe, sodass sich ein wachsendes Portfolio in Zukunft auch in einem entsprechend höheren Portfolio-Income niederschlägt. Aktuell sehen wir unsere gegebene Guidance als aktuell an.
Sie haben sich auch dazu entschieden, die geplante Emission einer Anleihe zunächst nicht weiterzuverfolgen. Bremst das Ihre Wachstumsmöglichkeiten aus?
Die vorgesehenen Mittel aus der Anleihe waren bzw. sind vor allem eine Option, um mehr Flexibilität bei den überwältigend vielen Opportunitäten zu haben, die sich uns aktuell bieten. Wir werden das Thema bei einem normalisierten Marktumfeld wieder auf die Agenda nehmen. Die aktuellen Verhältnisse am Kapitalmarkt sind sehr volatil und aufgrund der diversen Krisenherde von zu viel Unsicherheiten geprägt. Die Rendite-Anforderungen der Investoren waren vor diesem Hintergrund aus unserer Sicht nicht attraktiv. Wir sehen derzeit keinen Grund, eine Anleihe in den Markt zu drücken, wenn es wirtschaftlich keinen Sinn macht.
Sprich Sie müssen nun nicht fürchten, dass Sie Akquisitions-Opportunitäten mangels frischer Finanzmittel nicht wahrnehmen können?
Für den laufenden Portfolio-Ausbau haben wir genügend Firepower. Wie Sie sicher wissen, zahlen wir in der Regel keine übermäßigen Kaufpreise. Unser Commitment erstreckt sich weitgehend auf die Bereitstellung von Working Capital. Das können wir aktuell gut ohne einen neuen Bond leisten. Nichtsdestotrotz werden wir über kurz oder lang das Thema neu angehen, wenn es das Marktumfeld erlaubt und die Konditionen für uns sinnvoll sind.
Neben der Bond-Verschiebung gab es auch beim geplanten Börsengang von Nordec einen Rückschlag. Wie sehr wirft Sie das zurück?
Es ist immer unschön, wenn man etwas ankündigt, dann aber zurückrudern muss. Die Situation am Kapitalmarkt war bzw. ist jedoch abnormal. Nordec ist im Bereich von Stahlrahmenkonstruktionen und Fassadenlösungen für Bauprojekte als Marktführer in Skandinavien hervorragend positioniert und verfügt über ein volles Auftragsbuch, sodass das Wachstum auch ohne IPO weiter vorangetrieben werden kann. Zudem ist ein IPO nicht der einzige potenzielle Exit-Kanal für Nordec. Das Investoreninteresse ist vorhanden, sodass wir noch eine Alternative bevorzugt verfolgen.
Sie haben im nennenswerten Umfang Anteile an Mutares an Ihre Kinder übertragen. Bereiten Sie damit auch die Übergabe des Zepters bei Mutares vor?
Ich habe in der Tat angefangen, signifikant Aktien an meine vier Kinder zu übertragen, da ich Mutares als mein Lebenswerk verstehe. Ich glaube ungeachtet meiner eigenen Funktion zutiefst an den Erfolg der Mutares und möchte, dass wir als Familie Laik langfristig eine wesentliche Rolle in der Firma spielen. Ich selbst halte nun direkt mehr als 15 Prozent an Mutares, bin allerdings weiterhin durch unsere Familien-Poolvereinbarung mit über 25 Prozent maßgeblicher Anteilseigner. Im Übrigen macht meine jüngste Tochter gerade ein Praktikum im M&A-Team von Mutares. Sie sehen also, Mutares und die Laiks gehören zusammen.
Zum Abschluss: Wo sehen Sie Mutares in drei Jahren?
Für mich steht die Marke Mutares europaweit bereits jetzt für den erfolgreichsten Turnaround-Investor. Am Ausbau unserer Marktposition arbeiten wir täglich hart. Wir sind zuversichtlich, dass wir trotz Inflation, Zinserhöhungen und trotz des aktuellen Kriegs in der Ukraine unsere Ziele erreichen werden. Wir wollen bis zum Jahr 2025 insgesamt sieben Milliarden Euro Umsatz mit der Gruppe erzielen. Unser agiles und erfahrenes Team ist der Grundpfeiler unseres Erfolgs und der Antrieb zu wachsen, ist in der DNA der gesamten Mutares-Familie vom Aufsichtsrat über den Vorstand, das Management bis in die operativen Einheiten fest verankert. Das macht uns speziell und ich bin stolz, diese Firma gegründet zu haben und nun meinen Kindern einen Teil davon weitergeben zu können.
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Auch wenn Mutares die Herausforderungen des anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfelds allem Anschein nach ganz ordentlich managen kann, ist die Aktie zuletzt zurückgefallen. Eine Alternativlösung zum Börsengang von Nordec scheint in Arbeit. Kann der Vorstand den Markt damit überzeugen, könnte die Aktie den notwendigen Impuls erhalten, um eine nachhaltige Erholungsbewegung Richtung 200-Tage-Linie zu starten.