Die US-Investmentbank Morgan Stanley hat HelloFresh nach der jüngsten Kursschwäche von "Equal-weight" auf "Overweight" hochgestuft, das Kursziel dabei von 18 auf 17 Euro gesenkt. Damit sehen die Experten aber immer noch rund 40 Prozent Aufwärtspotenzial. Die Aktie legt zu. War das nach der mehrmonatigen Talfahrt der Startschuss für eine dynamische Gegenbewegung?
Die Aktie sei eine Story mit zwei unterschiedlichen Seiten, so Analyst Luke Holbrook: Während das Fertigmahlzeiten-Geschäft überzeuge, schwächelten die Kochboxen. Der Markt unterschätze das Potenzial mit Fertigessen in Nordamerika und Europa. Die "Factor" genannte Sparte alleine rechtfertige derzeit die stark gesunkene Marktbewertung.
Auch aus Sicht des AKTIONÄR sind diese sogenannten Ready-To-Eat-Produkte ein potenzieller Katalysator für wieder höhere Wachstumsraten. Zumal sich dessen Wachstum durch Kapazitätsengpässe 2023 nicht voll entfalten konnte. Denn eine Produktionsstätte für Fertiggerichte in Arizona konnte wegen Engpässen bei Personal und Wasserversorgung nicht so schnell hochfahren wie geplant. Und in Illinois dauerte die geplante Wartung einer Produktionsstätte länger als angenommen. Der Vorstand erklärte aber, dass die operativen Bremsspuren in den USA nur temporärer Natur seien. Im laufenden Jahr 2024 könnte also wieder eine Belebung möglich sein.
HelloFresh wurde 2020 und 2021 während der Pandemie für seine Kochboxen an der Börse gefeiert, während Restaurants im Lockdown zeitweise geschlossen blieben oder Menschen Kontakte im öffentlichen Raum mieden. Seit dem Rekordhoch im November 2021 haben die HelloFresh-Aktien aber rund 90 Prozent ihres Wertes eingebüßt.
Die Bewertung ist mittlerweile derart eingebrochen, als sei das Unternehmen quasi dem Untergang gewidmet. Doch trotz der aktuellen Konsumzurückhaltung wächst HelloFresh – wenn auch nur leicht. Zudem gewinnen die Berliner Marktanteile, während die meisten Wettbewerber schrumpfen. Neben der strikten Kostenkontrolle, vor allem bei den Marketingkosten, könnten die Erschließung weiterer Märkte und ergänzende Angebote wie die Fertiggerichte als Impulsgeber für die Aktie fungieren.
Die allgemeine Branchenschwäche, der Vertrauensverlust und das desaströse Chartbild sprechen eine eindeutige Sprache. Zeigen die nächsten Zahlen aber Anzeichen einer Beschleunigung beim Umsatz- und Gewinnwachstum, dürfte die Kapitalflucht schnell enden und ein erneuter Erholungsversuch starten, bei dem dann auch der eine oder andere Short-Seller seine Position eindecken könnte. Analysten erwarten für 2024 im Übrigen beim Gewinn je Aktie einen Anstieg mehr als 0,90 Euro (2023e: 0,43 Euro). Daraus würde ein KGV von 13 resultieren. Risikobewusste Anleger können auf dem aktuellen Niveau daher einen ersten Fuß in die Tür stellen.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Aktien von HelloFresh befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG.