Seit letzter Woche ist es amtlich: SAP hat eine Nachfolgelösung für den seit über 20 Jahren amtierenden Aufsichtsratschef Hasso Plattner (79) gefunden. Mit dem Manager Punit Renjen (61) soll der ehemalige Chef des Beratungsunternehmens Deloitte die Nachfolge des Konzernmitgründers Plattner antreten. So bewerten die Analysten den Abgang des Mitgründers.
Der letzte der fünf Gründer nimmt bei SAP seinen Hut. Plattners laufende Amtszeit endet im Mai 2024. Er steht dem SAP-Aufsichtsrat seit 2003 vor. Angesichts seines hohen Alters hatte es zuletzt immer häufiger Kritik gegeben, dass Plattner so lange an der Oberaufsicht im von ihm 1972 mitgegründeten Konzern festhielt. Das ändert sich nun. Renjen soll im Mai auf der Hauptversammlung in das Aufsichtsgremium des DAX-Schwergewichts gewählt werden, der Übergabeprozess soll dann starten.
Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für SAP angesichts des angekündigten Rückzugs von Hasso Plattner aus dem Aufsichtsrat auf "Buy" mit einem Kursziel von 120 Euro belassen. Nach 21 Jahren an der Aufsichtsratsspitze werde sich der Mitgründer zurückziehen, so Analyst Michael Briest. Der Abgang sei für die SAP-Mitarbeiter eine große Umstellung. Investoren dürften es begrüßen, dass mit Renjen eine unabhängige Person nachrücken soll.
Berenberg („Buy“) hält am fairen Wert von 125 Euro fest. Mit Renjen als Nachfolger des Konzernmitgründers beginne bei dem Softwarekonzern eine neue Ära, so Analyst Nay Soe Naing. Renjen werde mit der SAP und seinen Cloud-Initiativen sehr vertraut sein. SAP und Deloitte seien seit 1989 Technologiepartner und unterstützten gemeinsam SAP-Kunden bei der Umstellung auf die Cloud.
Für Charles Brennan von Jefferies seien jüngste Personalveränderungen im Management ein Indiz dafür, dass der Einfluss von außen bei dem Softwarekonzern so groß werde wie lange nicht. Dies mache Ergebnisse weniger gut planbar. Er glaubt, dass es schwer wird, die versprochenen Mittelfristziele zu erfüllen. Daher hält der Experte an seiner "Underperform"-Einstufung und dem Kursziel 90 Euro fest.
Fakt: Plattner hat SAP zum Global Player gemacht. Er ist die viel zitierte graue Eminenz der Walldorfer Softwareschmiede. Experten begrüßen dennoch den Rückzug des letzten verbliebenen Gründers mit offizieller Funktion. Operativ befindet sich der Konzern schon seit einigen Jahren im Umbruch und setzt verstärkt auf Cloudprodukte. In den vergangenen Jahren hat der Konzern für Wachstum in der Cloud und wegen hoher Investitionen ein schwächeres Abschneiden bei den Gewinnen aus dem Tagesgeschäft in Kauf genommen. In diesem Jahr sollen die Ergebnisse aber wieder anziehen. Vorstandschef Christian Kleins muss beweisen, dass diese Pläne aufgehen – schon bald ohne die Rückendeckung von Plattner.
Kurzfristige Auswirkungen auf die Aktie hat die Personalie keine. Der seit September 2022 gültige Aufwärtstrend ist intakt. Gelingt der Trendwechsel auf der Ergebnisseite wie geplant, dann dürfte sich daran in den kommenden Monaten nur wenig ändern. Anleger mit Weitblick halten an der Position fest. Trading-orientierte Anleger setzen nach der jüngsten Konsolidierung auf eine neue Aufwärtswelle und neue Jahreshochs. DER AKTIONÄR spekuliert im Hebel-Depot auf dieses Szenario.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Derivate auf SAP befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG
(Mit Material von dpa-AFX)