Aus dem heutigen Börsen.Briefing. – dem börsentäglichen Newsletter aus der AKTIONÄR-Redaktion: Die Aussicht auf ein kommendes Embargo für russisches Öl und die Angst vor möglichen Engpässen zum Jahresende lässt viele Hausbesitzer laut einer Heizöl-Vermittlungsplattform noch einmal das eigene Lager auffüllen.
Die Bundesregierung hatte sich am Wochenende für ein Embargo für russisches Öl bereit gezeigt, in der Nacht zu Mittwoch schlug auch die EU-Kommission ein solches Handelsverbot vor. Öllieferungen in die Europäische Union sollen bereits Anfang nächsten Jahres weitestgehend eingestellt sein.
Noch haben die EU-Mitglieder nicht zugestimmt. Insbesondere Ungarn lehnt den Vorschlag der EU-Kommission für Sanktionen auf Erdöl-Importe aus Russland vehement ab. "Es kommt einer Atombombe gleich, die auf die ungarische Wirtschaft abgeworfen wird", sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban am Freitag im staatlichen Rundfunk. Sein Land könne die russischen Ölimporte auch nicht in der 20-monatigen Frist ersetzen, die der Vorschlag explizit für Ungarn vorsieht.
Erhöhtes Bestellaufkommen
Seit Montag verzeichnet das Heizöl-Portal HeizOel24 derweil ein stark erhöhtes Bestellaufkommen. "Die Kaufaktivität der Kunden auf der Plattform liegt in etwa viermal so hoch wie im Jahresdurchschnitt und sogar fünf- bis sechsmal so hoch wie in einem "normalen" Mai", sagte Geschäftsführer Oliver Klapschus der Deutschen Presse-Agentur.
Während viele Kunden im März und April noch die eher kleine Menge von 1.000 Litern Heizöl bestellt hätten, werde nun auch häufiger wieder vollgetankt – obwohl die Preise mit etwa 1,40 Euro pro Liter (inkl. MwSt.) hoch seien. "Ordermengen zwischen 2.000 und 4.000 Litern, die den kompletten Jahresbedarf eines Einfamilienhauses abdecken, liegen in der Verbrauchergunst vorn", sagte Klapschus.
Normalerweise bestellten die Haushalte im Mai nur wenig Heizöl. Dieses Jahr sei das komplett anders. "Viele Tanks in den Privathaushalten sind mehr oder weniger leer, was die Nachfrage im gesamten Sommerhalbjahr hoch halten dürfte."
Bundesverband Uniti hat andere Zahlen
Einen gänzlich anderen Eindruck hat indes der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti). "Aktuell beobachten wir keine gesteigerte bzw. ungewöhnliche Nachfrage nach Heizöl", teilte ein Sprecher mit. Das sei im Februar und im März unmittelbar nach dem russischen Überfall auf die Ukraine noch anders gewesen.
"Möglicherweise sind viele Tanks bei den Kunden aus dieser Zeit noch gut gefüllt, was ein Grund für die derzeit recht ruhige Nachfrage darstellen könnte", hieß es. Der Verband hat einige Mitgliedsfirmen befragt, während sich HeizOel24 auf Plattformdaten stützt.
Auch Esyoil sieht die Bestellflut etwas abzuebben. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, fiel zuletzt von der höchsten Stufe auf das zweithöchste Niveau. Die Zahl der Preisoptimisten sei leicht gestiegen, heißt es in einem Kommentar auf dem Vergleichsportal. Knapp 60 Prozent der Stimmen rechnen laut der aktuellen Lesereinschätzung mit fallenden Preisen.
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Seit dem Vorschlag der EU-Kommission für ein Embargo auf russisches Rohöl haben die Erdöl-Preise spürbar zugelegt. Schon davor waren sie aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich geklettert. Seit Jahresbeginn sind die Preise um gut 40 Prozent gestiegen.
USA wollen strategische Öl-Reserven wieder auffüllen
Für zusätzlichen Auftrieb sorgt die Ankündigung der USA vom Donnerstag, ab diesem Herbst mit der Wiederbefüllung der strategischen Ölreserven zu beginnen. Die Reserven befinden sich derzeit auf relativ niedrigem Niveau, da die US-Regierung in den vergangenen Monaten mehrfach Erdöl in den Markt geleitet hat, um den steigenden Ölpreisen Einhalt zu gebieten.
Am Freitag setzen die Ölpreise ihren jüngsten Anstieg fort. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent (siehe Chart) kostet am Terminmarkt etwa 113,40 US-Dollar und damit 2,3 Prozent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) steigt bis zum Mittag ähnlich stark auf 109 Dollar.
Ein Gegengewicht zu den steigenden Rohölpreisen stellt nach wie vor die strikte Corona-Politik Chinas dar. Die Konjunktur der Volksrepublik wird durch strenge Ausgangssperren deutlich belastet. China ist einer der größten Öl-Nachfrager der Welt.
Und was macht das Öl-Kartell?
Unbeeindruckt von den Plänen für ein EU-Embargo gegen russisches Öl hält die Allianz Opec+ an ihrer Strategie einer nur vorsichtigen Ausweitung der Produktion fest. Die von Saudi-Arabien und Russland dominierte Gruppe will nach eigenen Angaben vom Donnerstag im Juni 432.000 Barrel am Tag zusätzlich aus der Erde holen.
Dieser eher moderate Schritt sei schon deshalb geboten, weil die Probleme mit der Pandemie anhielten, spielte das Kartell auf die Situation in China an. Damit kann die EU zunächst nicht damit rechnen, dass die Opec-Mitglieder etwaige Lieferausfälle von russischem Öl kompensieren.
Die Versorgungslage sieht Uniti auf absehbare Zeit jedenfalls nicht gefährdet. "Insgesamt haben wir bei Heizöl in Deutschland gute Speicherkapazitäten in gewerblichen Tanklagern", teilte der Verband mit. Während Erdgas in Deutschland nur durch Pipelines angeliefert werden kann, gebe es für Öl zudem weitere Transportwege für Importe. (Mit Material von dpa-AFX)
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