Der 737-Max-Debakel ist noch nicht verdaut, die Flugzeugproduktion läuft coronabedingt auf Sparflamme, Probleme beim Dreamliner und Verzögerungen für den neuen Langstrecken-Typ 777X – Boeing hat weiterhin mit großen Problemen zu kämpfen. Nun müssen nach zwei Vorfällen auch noch die bereits im Verkehr befindlichen Boeing 777 am Boden bleiben.
Nach dem Triebwerksausfall einer Boeing 777 unweit von Denver im Bundesstaat Colorado hat die US-Luftfahrtbehörde FAA Konsequenzen angekündigt. Maschinen dieses Typs, die mit bestimmten Triebwerken von Pratt & Whitney ausgestattet seien, sollten verstärkt und sofort überprüft werden, teilte FAA-Chef Steve Dickson am Sonntag mit und kündigte eine entsprechende Notfall-Richtlinie an. "Dies wird wahrscheinlich bedeuten, dass einige Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen werden müssen." Die Zahl der Inspektionen solle erhöht werden.
Boeing teilte mit, man empfehle, den Betrieb der 69 in Betrieb befindlichen und 59 eingelagerten 777-Maschinen mit Pratt & Whitney 4000-112-Triebwerken auszusetzen, während die Untersuchung der unabhängigen US-Verkehrsbehörde NTSB laufe. Man unterstütze die Maßnahmen der japanischen Zivilluftfahrtbehörde und der FAA, den Betrieb der Maschinen auszusetzen und arbeite mit ihnen zusammen.
Am Samstag waren infolge des Triebwerkausfalls große Flugzeug- bzw. Triebwerksteile unweit von Denver als Trümmer in Wohngebiete gestürzt. Die Boeing 777 von United Airlines (UA) landete mit 241 Menschen an Bord dennoch sicher am Internationalen Flughafen in Denver. Es gab keine Berichte über Verletzte – weder an Bord noch am Boden. Die Maschine war auf dem Weg von Denver in die Hauptstadt von Hawaii, Honolulu. Nach FAA-Angaben war das rechte Triebwerk der Maschine kurz nach dem Start ausgefallen.
Flugverbot für japanische Fluggesellschaften
Unterdessen ordnete das japanische Verkehrsministerium vorsorglich ein Flugverbot für mit den betroffenen Triebwerken ausgestattete Flugzeuge im eigenen Land an. Betroffen davon sind 13 Flugzeuge der Fluglinie Japan Airlines (JAL) sowie 19 Maschinen der Linie All Nippon Aiwars (ANA), wie das Ministerium in Tokio bekanntgab.
United Airlines teilte mit, freiwillig als sofortige Vorsichtsmaßnahme 24 Boeing 777-Flugzeuge mit Triebwerken der Serie 4000 von Pratt & Whitney aus dem Flugplan herauszunehmen. Es solle sichergestellt werden, dass diese Flugzeuge die strengen Sicherheitsstandards erfüllten und wieder in Betrieb genommen werden könnten. Derzeit habe man 52 dieser Flugzeuge in der Flotte – 24 aktiv und 28 im Lager.
Schon im Dezember hatte es einen ernsthaften Vorfall mit einem Boeing 777 Triebwerk gegeben beim Abflug vom Flughafen Naha im japanischen Okinawa.
Weitere Boeing verliert Teile über Holland
Am Wochenende hatte eine andere Boeing auch in den Niederlanden Teile verloren. Kurz nach dem Start sei ein Brand in einem der vier Motoren der Maschine ausgebrochen, teilte die Polizei in Maastricht mit. Über Meerssen im Norden von Maastricht seien einige Metallstücke auf die Erde gefallen. Zwei Menschen wurden verletzt, mehrere Autos und Häuser wurden demnach beschädigt.
Die Vorfälle bedeuteten einen weitere Rückschlag für Boeing. Der Konzern hatte sich gerade erst von den schweren Problemen beim Typ 737 Max erholt und eine Rekordverlust für 2020 vorgelegt. Die Aktien von Boeing waren am Freitag noch um über vier Prozent auf 217,47 US-Dollar gestiegen. Heute dürfte es zum US-Handelsstart deutlich abwärts gehen. In Deutschland notieren Boeing-Aktien etwa zwei Prozent tiefer (siehe Chart in Euro).
DER AKTIONÄR war und bleibt zurückhaltend gegenüber Boeing-Aktien. Besser sieht es hingegen für den Konkurrenten Airbus aus. Dessen Probleme sind relativ gesehen kleiner. Außerdem ist der Auftragsbestand größer als beim amerikanischen Flugzeugbauer.
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(Mit Material von dpa-AFX)