+++ Auf diese Aktien setzt die Redaktion für 2025 +++

Wirecard: Erosion der Glaubwürdigkeit

Wirecard: Erosion der Glaubwürdigkeit
Wirecard -%
18.09.2020 ‧ Leon Müller

Der größte Börsenskandal in der deutschen Geschichte entwickelt sich mehr und mehr zur Farce. Einer Farce, welche die Glaubwürdigkeit des Finanzstandorts Deutschland bis hin zum Grundvertrauen der Bürger in den Staat zu erschüttern imstande ist.

Der Umgang mit dem Zahlungsdienstleister Wirecard aus Aschheim bei München ist denkwürdig. Denn: Ein Unternehmen, das für Dritte Zahlungen abwickelt, das eine Bank sein Eigen nennt, ist nach Auffassung der Behörden, des Bundestags und der Aufsicht kein Finanzunternehmen, sondern eine Technologiefirma. Eine Unterscheidung mit weitreichenden Folgen. Fast schon surreal wirkt da ein Satz aus dem Frühjahr 2019. In der Begründung zur Allgemeinverfügung zum Verbot der Begründung und der Vergrößerung von Netto- Leerverkaufspositionen in Aktien der Wirecard AG schrieb die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht am 18. Februar: „Die Wirecard AG ist ein weltweit tätiges Zahlungsdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Deutschland.“ 

Dort steht es also, schwarz auf weiß: Wirecard wird als Zahlungsdienstleistungsunternehmen gesehen. Richtig? Falsch! Die BaFin „verwendet diesen Begriff an dieser Stelle nicht im Sinne des ZAG, sondern untechnisch“, wie aus einer kleinen Anfrage des Abgeordneten Fabio De Masi sowie weiterer hervorgeht. Die Bezeichnung enthalte eben keine Aussage über eine aufsichtsrechtliche Einordnung. Mit ZAG ist das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz gemeint.  

Die Festlegung, ob es sich bei Wirecard um ein Finanz- oder ein Technologieunternehmen handelt, ist entscheidend für die Beantwortung der Frage nach der aufsichtsrechtlichen Verantwortlichkeit und der möglichen Vernachlässigung entsprechender Pflichten. Dass man nun hingeht und ausgerechnet der BaFin mangelnde Sensibilität bei der Verwendung des Begriffes „Zahlungsdienstleistungsunternehmen“ unterstellt, grenzt an Hohn und ist – um es ganz deutlich zu sagen – eine Beleidigung des mündigen Bürgers. So einfach darf es sich der Bundestag als Vertreter des Volkes nicht machen. Sonst erodiert noch weitaus mehr als nur der Aktienkurs eines betrügerischen DAX-Unternehmens.

Wirecard (WKN: 747206)

Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 39/2020 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.

Behandelte Werte

Name Wert Veränderung
Heute in %
Wirecard - €

Aktuelle Ausgabe

Gesucht wird die neue Nvidia, Palantir oder Coinbase – das sind die großen AKTIONÄR-Favoriten für 2025

20.12.2024 Nr. 52/24 + 01/25 7,80 €
Paypal Sofortkauf Im Shop kaufen Sie erhalten einen Download-Link per E-Mail. Außerdem können Sie gekaufte E-Paper in Ihrem Konto herunterladen.

Buchtipp: Die Geschichte der Spekulationsblasen

Eigentlich sind wir alle ziemlich schlau. Nur das mit dem Geld klappt nicht so recht … und manchmal geht es sogar richtig schief. Doch warum nur? Mit „Die Geschichte der Spekulationsblasen“ macht sich John Kenneth Galbraith, einer der ganz großen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, auf die Suche nach der Antwort. Und er sucht an den richtigen Stellen – den Finanz­katas­trophen der letzten vier Jahrhunderte: der Tulpenmanie des 17. Jahrhunderts, der Südseeblase im 18. Jahrhundert, den Hochrisiko-Anleihen im 20. Jahrhundert. Mit Geist und Witz erklärt Gal­braith die psychologischen Mechanismen hinter diesen Blasen … damit der Leser sie durchschaut und sich dagegen wappnen kann. Dieses Meisterwerk zum Thema Finanzpsychologie war vergriffen und wird nun im Börsenbuchverlag wieder aufgelegt.

Die Geschichte der Spekulationsblasen

Autoren: Galbraith, John Kenneth
Seitenanzahl: 128
Erscheinungstermin: 19.03.2020
Format: Hardcover
ISBN: 978-3-86470-677-6

Jetzt sichern Jetzt sichern