Bei Steinhoff läuft alles auf ein juristisches Endspiel hinaus. Die Aktie wird derzeit für einen einzigen Cent gehandelt. Ob es noch ein paar mehr werden könnten, dürfte sich vor Gericht entscheiden. Steinhoff und die Gläubiger arbeiten daran, die Anleger mittels einer Quasi-Enteignung aus dem Unternehmen zu drängen.
WHOA lautet das Zauberwort – ein Restrukturierungsverfahren nach niederländischem Recht. DER AKTIONÄR berichtete (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende). Teil dieses Verfahrens ist aber auch ein Gericht. Dort hauen sich derzeit die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) für die Anlegerseite und Steinhoff und die Gläubiger gegenseitig Gutachten, Stellungnahmen und Anträge um die Ohren.
Gestern teilte die SdK mit, dass Anwälte beantragt haben, die Zustimmung der Aktionäre zum Restrukturierungsplan nicht zu ersetzen. Im Klartext würde das heißen: Der Restrukturierungsplan wird zurückgewiesen, da die Anleger diesen mehrheitlich abgelehnt hatten. Das Gericht könnte diese Entscheidung jedoch praktisch übergehen. Erst einmal hatte das Gericht jedoch laut SdK Steinhoff Zeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben. Laut den Anwälten der SdK sei dies ein gutes Zeichen, weil das Gericht offenbar die Argumente der Anleger-Seite für relevant halte. Bei einer Anhörung am morgigen Donnerstag soll die SdK zudem 30 Minuten erhalten, um ihre Argumente vorzutragen.
Unterdessen hätten sich die Prozessbegleiter („Observatoren“), die bereits die Bestellung eines Restrukturierungsexperten abgelehnt hatten, für eine Durchführung der Restrukturierung ausgesprochen. Die Herrschaften tendieren also anscheinend zur Seite Steinhoffs und der Gläubiger.
Gierige Gläubiger?
Zu einer aktuellen Stellungnahme Steinhoffs schreibt die SdK heute unter der Überschrift „Steinhoff Argumentation weiterhin nicht nachvollziehbar“: „Es ist für uns weiterhin nicht nachvollziehbar, wieso überhaupt ein Restrukturierungsplan vorteilhaft für die Gläubiger sein soll, wo diese doch im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens sowieso vor den Aktionären ihre Forderungen befriedigt bekommen würden.“ Außerdem sei selbst bei Anwendung des WHOA „nicht ersichtlich, wieso die Aktionäre nur 20 Prozent des über die Verbindlichkeiten hinausgehenden Verwertungserlöses erhalten sollen, und nicht 100 Prozent“.
Hintergrund: Die Gläubiger-Seite versucht derzeit praktisch, sich einen Großteil Steinhoffs einzuverleiben. Normalerweise hätten bei einem normalen Verkauf oder im Rahmen einer klassischen Insolvenz die Anleger einen Anspruch auf eventuell anfallende Überschüsse, die nicht zum Bedienen der Gläubiger-Ansprüche benötigt werden.
Die Steinhoff-Story wird auch noch mal in der kommenden AKTIONÄR-Ausgabe beleuchtet – erhältlich ab Mittwochnacht als PDF, ab Freitag am Kiosk.