So brutal kann Börse sein! Wie teuer oder risikoreich eine Aktie ist, machen naive Anleger bisweilen allein am Aktienkurs fest. Motto: Wie weit soll der Kurs schon noch fallen, wenn die Aktie knapp unter zwei Cent steht? Dass diese Haltung ziemlich problematisch sein kann, zeigt der Fall Steinhoff eindrucksvoll. UPDATE am Artikel-Ende.
40 Prozent Buchverlust mit Steinhoff haben Anleger allein in den vergangenen vier Wochen erlitten. Von 1,7 Euro-Cent ist der Kurs der Aktie inzwischen auf rund einen Cent abgerutscht.
Unterdessen ist die Frist abgelaufen, innerhalb der Anleger und Gläubiger ihre Stellungnahmen zum geplanten WHOA-Verfahren (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende) bei Steinhoff einreichen konnten. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat sich mit Anwälten und Finanzberatern zusammengetan und am Dienstag nach einer Analyse des Quasi-Enteignungsvorhabens ihren „letter of interest“ an die Steinhoff-Führung geschickt. Darin kritisiert die SdK nach eigenen Angaben vor allem „nur unzureichende Informationen, insbesondere zur Bewertung der Tochtergesellschaften“.
Zweifel angemeldet, Informationen gefordert
Die SdK hat unter anderem Fragen eines Bewertungsgutachters eingereicht und zudem „Zweifel an der Zulässigkeit des WHOA-Verfahrens ausgedrückt“, da die Steinhoff-Holding selbst weder Mitarbeiter noch ein operatives Geschäft habe.
Die SdK geht davon aus, dass Steinhoff trotzdem den Sanierungsvorschlag wie geplant vor Gericht einreichen wird. Damit würde es nach der spektakulären Hauptversammlung zum nächsten Showdown kommen. Sollten die Aktionäre den Vorschlag ablehnen, könnten sie vom Gericht überstimmt werden. Für die Anleger wäre das gleichbedeutend mit Totalverlust, falls nicht noch eine Einigung mit den Gläubigern erzielt oder ein Entschädigungsanspruch durchgesetzt werden kann.
Bislang läuft es auf einen Showdown vor Gericht hinaus. Von Verhandlungsbereitschaft seitens der Gläubiger ist bislang nichts bekannt. Wie sehr Steinhoff-Anleger letztendlich zu ihren Gunsten in Form von Vergleichsbemühungen und rechtlichen Mitteln noch Einfluss nehmen können, ist völlig offen. Das Totalverlustrisiko bei der von einem Milliarden-Bilanzskandal schwer erschütterten Retail-Holdinggesellschaft bleibt enorm.
UPDATE: Der Kurssprung am heutigen Donnerstagabend um rund 35 Prozent resultiert aus einer Meldung, wonach Steinhoff die Konsultationsfrist zum geplanten WHOA-Verfahren nun doch bis zum 17. April verlängert hat. Das dürfte einmal mehr einige Glücksritter anlocken, die auf die oben erwähnten Vergleichsbemühungen spekulieren. Wie solche Kurs-Achterbahnfahrten im Zweifel einzuordnen sind, hat DER AKTIONÄR bereits beschrieben (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende).