Seit mehreren Wochen kannten die Ölpreise und damit auch die Aktienkurse von Energiefirmen wie Shell praktisch nur eine Richtung - nach oben. Doch gestern kam es an den Rohstoffmärkten mal wieder zu einer deutlichen Korrektur, welche auch die Anteile des britischen Öl- und Gasriesen in Mitleidenschaft gezogen hatte.
"Grund für die aktuelle Preisschwäche ist die Aussicht auf eine Rückkehr der iranischen Ölexporte", schreibt Commerzbank-Experte Carsten Fritsch. "Während alle Welt auf den Ukraine-Russland-Konflikt schaut, scheint sich in den heute fortgesetzten Atomgesprächen mit dem Iran eine Einigung anzubahnen." Fritsch verweist auf Aussagen des iranischen Ölministers, laut denen ein Abkommen absehbar sei.
Die Verhandlungen über die Rettung des Atomabkommens mit dem Iran sind am Dienstag in Wien nach einer rund zehntägigen Unterbrechung fortgesetzt worden. Das bestätigten Quellen der dpa, die mit den Gesprächen vertraut sind. Die Diplomaten sind von Beratungen aus ihren Hauptstädten zurückgekehrt. Die nächsten Wochen gelten als entscheidend dafür, ob die Vereinbarung von 2015 wiederbelebt werden kann. Falls dies geschehe, könnte Iran nach Aufhebung der Sanktionen wieder deutlich mehr Erdöl exportieren.
Ukraine-Konflikt im Fokus
Zudem belasteten auch die Aussagen des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron die Preise. Er sieht nach seinem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Möglichkeiten zu einer diplomatischen Lösung der Spannungen in Europa. Russland ist ein wichtiger Lieferant von Erdöl und Erdgas. Die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland hatten zuletzt für Preisauftrieb bei Rohöl gesorgt.
Generell befinden sich die Ölpreise bereits seit Anfang Dezember im Aufwind. Der Markt ist derzeit von einer robusten Nachfrage und einem knappen Angebot gekennzeichnet. Zuletzt hatten die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland die Preise mit einem Risikoaufschlag versehen.
Dass es nach einer derartigen Rally an den Ölmärkten zu mitunter schärferen Korrekturen kommen kann, ist keine Überraschung und kein Grund zur Sorge. Aus charttechnischer Sicht sind die Rücksetzer bei den Ölpreisen und der Shell-Aktie durchaus als gesund zu betrachten. Die mittel- bis langfristigen Perspektiven für die Anteilscheine des Energieriesen bleiben gut. Dividendenjäger können nach wie vor an Bord bleiben (Stopp: 17,70 Euro).
Mit Material von dpa-AFX