Shell will nach einer kräftigen Geschäftserholung im vergangenen Jahr weitere Milliarden in ein Aktienrückkaufprogramm stecken. Konzernchef Ben van Beurden kündigte am Donnerstag im Rahmen der Vorlage der Jahreszahlen den Rückkauf eigener Papiere in Höhe von satten 8,5 Milliarden US-Dollar an.
Darin enthalten sind aber auch die bereits bekannten 5,5 Milliarden Dollar aus dem Verkauf eines Schiefergasvorkommens im US-Bundesstaat Texas. Zudem soll die Dividende je Aktie für das erste Quartal um rund vier Prozent auf 25 US-Cent steigen.
Damit steigert Shell die Ausschüttungen weiter, die während der Corona-Krise zusammengestrichen worden waren. Gerade die Dividende ist für viele Investoren der entscheidende Grund für ein Engagement in Ölaktien. So waren die Ölpreise 2020 zu Beginn der Pandemie eingebrochen. Die Unternehmen mussten daraufhin viele Milliarden abschreiben und versuchten zu sparen, wo es ging - auch bei den Ausschüttungen. Inzwischen haben sich die Ölpreise wieder kräftig erholt und liegen deutlich über dem Niveau, das sie kurz vor der Pandemie innehatten.
Bei Shell hatte all das 2020 unter dem Strich zu einem Verlust von 21,7 Milliarden Dollar (19,2 Milliarden Euro) geführt. 2021 war es nun dank hoher Ölpreise ein Gewinn von gut 20 Milliarden Dollar. So ist Öl seit Monaten auf Höhenflug und so teuer wie schon seit Jahren nicht mehr. Allein im Schlussquartal erzielte der Konzern mehr als die Hälfte des Jahresgewinns, der ohne Sonderbelastungen im dritten Jahresviertel noch höher ausgefallen wäre.
So musste Shell im Sommerquartal mehr als fünf Milliarden Dollar auf die Bewertung von Terminkontrakten für Rohstoffe abschreiben, die das Unternehmen zur Absicherung von Schwankungen an den Märkten abgeschlossen hatte. Zudem hatten damals die Folgen des Hurrikans Ida belastet, der zu Ausfällen bei der Förderung führte.
Vorstand behält Kosten und Verschuldung im Blick
Trotz der sprudelnden Gewinne behält van Beurden die Kosten im Blick, auch weil der Konzern die Dividendensenkung infolge der Corona-Krise sowie die Mittelzuflüsse dank hoher Ölpreise 2021 zum Abbau der hohen Schulden nutzte. So sank die Nettoverschuldung bis Ende 2021 im Vergleich zu 2020 um 23 Milliarden Dollar auf 52,6 Milliarden.
Zwar kalkuliert der Manager nach Investitionen von 20 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr für 2022 nun mit dem niedrigeren Ende der Spanne von 23 bis 27 Milliarden. Analyst Christyan Malek von der US-Bank JPMorgan wertet aber das positiv, da es trotz des starken Marktumfeldes fortgesetzte Ausgabendisziplin signalisiere. Davon sollte der freie Mittelzufluss (Free Cashflow) des Konzerns profitieren.
Was plant Loeb?
Die Shell-Aktien haben allein seit Ende August um mehr als ein Drittel zugelegt. Die niedrigen Kurse hatte offenbar auch der als aktivistisch bekannte Investor Dan Loeb genutzt, um über seinen Fonds Third Point Anteile zu kaufen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg vom Herbst hält er zwar weniger als ein Prozent der Anteile, versucht aber dennoch Druck auf den Konzern machen. So fordert er eine Aufspaltung, um Mehrwert für die Investoren zu schaffen.
In einem Interview mit dem Wirtschaftssender Bloomberg TV sagte van Beurden auf die Frage nach Loeb und dessen Forderungen an diesem Donnerstag indes nur, dass Loeb ein kluger Investor sei. Schließlich habe er die Aktien günstig gekauft und könne sich nun über gute Gewinne freuen.
CO2-Reduktion im Fokus
Shell steht aber auch mit Blick auf den Klimawandel unter Druck, denn nicht wenige Investoren scheuen mittlerweile Engagements in Branchen mit hohem Ausstoß klimaschädlicher Gase. Um die Forderungen von Investoren und auch die Auflagen eines Gerichtsurteils zu erfüllen, hatte der Shell-Chef dem Konzern denn auch im Herbst neue Ziele für die Reduktion von CO2-Emissionen verpasst.
Diese sollen bis 2030 im Vergleich zu 2016 um 50 Prozent sinken und damit deutlich stärker als bisher angepeilt. 2050 sollen sie dann bei null sein. Der Konzern hatte im Mai in den Niederlanden vor Gericht eine historische Schlappe erlitten. Das Bezirksgericht in Den Haag hatte damals einer Klage von Umweltschützern stattgegeben und angeordnet, dass die Emission von Kohlendioxid drastisch gesenkt werden muss.
Es bleibt dabei: Für den AKTIONÄR bleibt die charttechnisch und fundamental betrachtet attraktive Aktie von Shell ein klarer Kauf (Stopp: 17,70 Euro). Bei welchen anderen Blue Chips Anleger auch in unsicheren Zeiten ordentliche Renditen einfahren können, erfahren Sie in der neue Ausgabe 06/2022 des AKTIONÄR.
Mit Material von dpa-AFX