Infineon hat seine Prognose für das laufende Jahr zum zweiten Mal in Folge gesenkt. Die Nachfrage nach verbrauchernahen Anwendungen schwächelt weiter. Zudem lässt auch das bislang robuste Wachstum mit Chips für die Automobilindustrie nach. Der Chipriese will mit einem Sparprogramm gegensteuern. Investoren richten den Blick daher bereits nach vorne und setzten darauf, dass die Talsohle durchschritten ist.
Infineon blicke "zurückhaltend" auf den Rest des Geschäftsjahres, erklärte Konzernchef Jochen Hanebeck bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal. Mit einem Maßnahmenbündel will das Management Kosten sparen und der Ergebniserosion entgegenwirken. Mit Details hielt sich Hanebeck in einer Telefonkonferenz zurück. Dabei ist auch ein Stellenabbau offenbar nicht ausgeschlossen. "Mögliche Auswirkungen auf Mitarbeiter" wolle man diesen in den kommenden Tagen und Wochen jedoch zunächst selbst kommunizieren.
Die Schwerpunkte des Programms liegen Infineon zufolge in den Bereichen "Fertigungsproduktivität, Portfoliomanagement, Preisqualität und Betriebskosten". Die Innovationskraft des Unternehmens soll dabei nicht beeinträchtigt werden. Auch hält das Management an dem Ausbau der Fertigung in Dresden und Kulim fest. Mittel- und langfristig blieben Dekarbonisierung und Digitalisierung starke strukturelle Treiber für den Wachstumskurs des Unternehmens, so Hanebeck.
Das Programm soll sich auf das Segmentergebnis mit einem hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag pro Jahr positiv auswirken. Erste finanzielle Vorteile erwartet Infineon im Laufe des Geschäftsjahres 2025. Der volle Effekt soll in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2027 wirksam werden.
Für das laufende Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September) erwartet der Halbleiterkonzern nun noch etwa 15,1 Milliarden Euro Umsatz plus/minus 400 Millionen Euro. Das sind in der Mitte der Spanne 900 Millionen weniger als zunächst in Aussicht gestellt. Etwa die Hälfte davon ist auf das sich abschwächende Automotive-Geschäft zurückzuführen, sagte Hanebeck in der Telefonkonferenz. Die Wachstumsaussichten für die Sparte wurden daher ebenfalls reduziert. Im Bereich Green Industrial Power geht Infineon von einem stärkeren Umsatzrückgang aus als zuvor avisiert. Hier zeigte sich die Nachfrage bei erneuerbaren Energien und Energieinfrastruktur wegen hoher Lagerbestände bei den Kunden zuletzt weiter schwach. Auch für die anderen Bereiche wurde Infineon pessimistischer.
Die Segmentergebnismarge des Konzerns, die das operative Ergebnis abbildet, wird bei etwa 20 Prozent gesehen. Zuvor hatte Infineon eine Segmentergebnismarge im niedrigen bis mittlerer 20er-Prozentsatz ausgegeben.
Ähnlich wie zuletzt schon bei einigen Wettbewerbern gesehen, kann auch die Infineon-Aktie trotz der erneut gesenkten Jahresprognosen an Wert zulegen – und zwar ordentlich. Investoren setzen darauf, dass nach dem aktuellen Zahlenwerk weitere Hiobsbotschaften ausbleiben und die operative Talsohle durchschritten ist. Zeichnet sich in den kommenden Analysten- und Investorenkonferenzen tatsächlich ab, dass die Hoffnung auf das viel zitierte Licht am Ende des Tunnels berechtigt ist und das Sparprogramm seine Wirkung nicht verfehlt, dann dürfte die Aktie bereits wieder höher notieren als heute. Anleger mit Weitblick halten daher weiter an ihrer Position fest.
(Mit Material von dpa-AFX)
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