Gold kann sich wieder über die Marke von 1.800 Dollar arbeiten. Doch von einem Ausbruch über den Widerstand bei 1.835 Dollar ist das Edelmetall noch ein Stück entfernt. Es scheint als würden sich Bullen und Bären einen harten Kampf an der 1.800-Dollar-Marke liefern. RBC Capital Markets hat sich dieses Kampfes angenommen und sowohl das bearishe als auch das bullishe Szenario beleichtet.
Bei einem bullishen Szenario sehen die Analysten den Goldpreis auf 2.024 Dollar steigen, in einem bearishen Szenario auf 1.576 Dollar fallen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Prognosen liegt nach Ansicht der Experten in den Covid-19-Entwicklungen und der Entwicklung der Aktienmärkte.
„Das hohe Szenario würde bedeuten, dass sich die Inflation durchgesetzt hat und die Wirtschaft hinter den Erwartungen zurückbleibt", so Chris Louney, Vice President of Global Commodity Strategy bei RBC Capital Markets, gegenüber Kitco News. Das Basisszenario der Bank sieht den Goldpreis im Jahresdurchschnitt bei 1.695 Dollar, wobei der höchste Quartalspreis im ersten Quartal bei 1.749 Dollar und der niedrigste Quartalspreis im vierten Quartal bei 1.633 Dollar liegt.
Damit Gold seinen Abwärtstrend ändern kann, müssen nach Ansicht von Louney zwei wichtige Faktoren eintreten, die das Blatt wenden. „Wenn sich die Corona-Werte wieder verschlechtern oder die Aktienmärkte hinter den Erwartungen zurückbleiben, könnte sich das Interesse der Anleger auf Anlagen wie Gold verlagern“, so Louney. „Wir gehen von stärkeren Aktienmärkten im Laufe des Jahres 2022 aus. Sollte sich dies nicht bewahrheiten, könnte es zu Zuflüssen in Gold kommen. Dann könnte unser hohes Szenario zum Tragen kommen. Aber das ist nicht unser Basisszenario.“
RBC sieht drei Zinserhöhungen im Jahr 2022. Die Inflation werde hoch sein. Die Tür für einen Zinsschritt im März sei offen. Eines der größten Hindernisse für den Goldpreis im Jahr 2021 sei das mangelnde Interesse der Anleger gewesen. Und bevor der Goldpreis deutlich steigen könne, müsse sich das ändern, fügte Louney hinzu. Die RBC erwartet im Basisszenario eine ähnliche Entwicklung wie im Jahr 2021. Gold hat das Jahr mit einem Minus von 3,6 Prozent abgeschlossen, dem schlechtesten Ergebnis seit 2015.
Die RBC geht in ihrer Prognose von einer inversen Korrelation zwischen Aktienmärkten und dem Goldpreis aus. Auch wenn eine solche inverse Korrelation immer wieder angeführt wird – sie ist historisch nicht belegbar. Es gab immer wieder Phasen, in denen Gold und Aktien Hand in Hand gestiegen sind, genauso wie es Phasen gab, in denen Aktien und Gold entgegengesetzt gelaufen sind. Wenn die RBC von stärkeren Aktienmärkten im Jahr 2022 ausgeht, dann mag sie recht haben. Doch die Aktienmärkte eilen seit Jahren von Hoch zu Hoch – und dennoch konnte sich Gold von 2015 bis 2020 praktisch verdoppeln. Das alleine sollte zeigen, dass diese inverse Korrelation wenig Bestand hat. Dazu sind sowohl Gold als auch Aktien während der ersten Phase der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 eingebrochen. Zu sagen, Corona wäre gut für Gold, ist dann doch arg übertrieben.