Der wochenlange Streik der Boeing-Mitarbeiter in den USA ist beendet. Mit knapper Mehrheit stimmten die Gewerkschaftsmitglieder für einen neuen Vertrag, der unter anderem eine Lohnerhöhung von 38 Prozent sowie eine hohe Einmalzahlung vorsieht. Die Boeing-Aktie reagiert am Dienstag vorbörslich erfreut. Wie es weitergehen könnte.
Seit Mitte September ging im Werk an der Westküste der USA nichts. Der größte Teil der Flugzeugproduktion von Boeing war zum Stillstand gekommen und verstärkte die Finanzkrise des angeschlagenen Konzerns. Mehr als 30.000 Boeing-Mitarbeiter streikten für höhere Löhne. Am Montag-Abend nun haben sie ein neues Vertragsangebot angenommen, der Mega-Streik ist beendet.
Wie die Gewerkschaft mitteilte, stimmten 59 Prozent der Mitglieder für den neuen Vertrag, der eine Lohnerhöhung von 38 Prozent über einen Zeitraum von vier Jahren vorsieht. Zwei frühere Angebote waren als zu niedrig abgelehnt worden.
Mit dem neuen Vertrag bekommen die Arbeiter auch eine Einmalzahlung von 12.000 Dollar. Den Erhalt von Bonuszahlungen, die ursprünglich abgeschafft werden sollten, hatte die Gewerkschaft schon beim zweiten Angebot ausgehandelt. Die Arbeiter müssen nun spätestens am 12. November wieder arbeiten gehen.
Durch den am 13. September begonnenen Streik im Nordwesten der USA war vor allem die Produktion von Boeings Bestseller-Modell 737 sowie der Langstrecken-Jets 777 und 767 lahmgelegt. Damit dürfte Boeing noch weiter in Rückstand mit den Auslieferungen geraten.
Zudem wird es richtig teuer. Der Streik kostete Boeing laut Analysten-Schätzungen rund 100 Millionen Dollar pro Tag an entgangenen Einnahmen. Insgesamt könnten sich die Kosten des siebenwöchigen Streiks auf bis zu fünf Milliarden Dollar belaufen. Boeing hatte in der vergangenen Woche bereits 24 Milliarden Dollar frisches Kapital bei Investoren aufgenommen, um sein Investment-Grade-Rating zu behalten.
Die Boeing-Aktie reagiert auf das Streik-Ende erleichtert. Vorbörslich legt der Dow-Jones-Wert um etwa zwei Prozent auf 158 Dollar zu. Bereits am vergangenen Freitag hatte die Boeing-Aktie von zuvor 149 Dollar zugelegt, nachdem der Konzern ein verbessertes Angebot vorgelegt hatte.
Die Boeing-Aktie hat eine Talfahrt hinter sich. Im Dezember 2023 kostete das Papier noch gut 267 Dollar – hat seitdem also mehr als 40 Prozent an Wert eingebüßt.
Boeing wird nun Wochen brauchen, um die Flugzeugproduktion wieder hochzufahren. Die Produktion des Volumen-Modells 737 Max wird voraussichtlich für einige Zeit im einstelligen Bereich pro Monat liegen. Vor dem Streik wurden 38 pro Monat angepeilt.
Boeing steckt nach einer Pannenserie seit Jahren in einer großen Krise. Zuletzt geriet das Qualitätsmanagement noch stärker in den Fokus, nachdem im Januar bei einer so gut wie neuen Boeing 737-9 Max von Alaska Airlines im Steigflug ein Rumpffragment herausgebrochen war. Nur durch glückliche Umstände wurde niemand ernsthaft verletzt. Unfallermittler kamen zu dem Schluss, dass bei der ausgelieferten Maschine vier Befestigungselemente an dem Rumpfteil fehlten. Boeing konnte auf Anfrage von Behörden keine Unterlagen zu den Montagearbeiten liefern.
Die Liste an Problemen beim Boeing-Konzern wird mit der Einigung auf die kräftige Lohnerhöhung zwar etwas kürzer. Doch dürften sich die Flugzeugauslieferungen streikbedingt weiter verzögern, was zu Folgekosten führen könnte. Die wartenden Fluggesellschaften stellen möglicherweise Regressforderungen.
Die Boeing-Aktie könnte einen Turnaround beginnen, der wohl Monate dauern wird. Nur mutige Anleger kaufen deshalb bereits jetzt. Größere Engagements sollten noch zurückgestellt werden. Der Konzern muss neues Vertrauen bei seinen Investoren und Kunden aufbauen, auch an der Börse.
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Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Chefredakteur dieser Publikation, Herr Leon Müller, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Boeing.