Die Automobilindustrie steckt aufgrund der Coronavirus-Pandemie tief in der Krise. Die Bänder stehen still, viele Autohäuser sind geschlossen. Der Neuwagenabsatz soll dramatisch zurückgehen. Marktforscher weisen darauf hin, dass der Neuwagenkauf in Zukunft anders ablaufen könnte. Nicht mehr im Autohaus vor Ort, sondern rein digital per Online-Order.
Bisher führt der Weg zum Neuwagen über das Autohaus vor Ort. Tesla bildet hier eine Ausnahme. BMW, Daimler und VW setzen indes weiterhin auf den persönlichen Zugang. Das könnte sich nun ändern. Die Coronavirus-Krise wird Autohersteller nach Experteneinschätzung dazu bringen, mehr Fahrzeuge direkt über das Internet an Verbraucher zu verkaufen. "Der IT-Teil ist nicht das zentrale Hindernis dafür", sagte der Autoanalyst der Marktforschungsfirma Gartner, Pedro Pacheco. Schließlich gebe es auf einer typischen Website eines Autobauers bereits einen Konfigurator für Wunschfahrzeuge, so dass man nur einen Bezahlweg und ein Verfahren zur kontaktlosen Auslieferung hinzufügen müsste.
Der Druck steigt mit jedem Tag
Die viel größere Herausforderung für den Direktvertrieb sei die Veränderung der gewohnten Denkmuster in der Industrie, meinte der Gartner-Analyst. Aber je länger die Ausgangs- und Arbeitsbeschränkungen dauerten, desto größer werde auch der Druck für Wandel. "Wir werden einen dramatischen Rückgang der Verkäufe in Märkten wie Europa und USA sehen." Und wenn einige Hersteller in dieser Situation mit Direktvertrieb über das Internet erfolgreich seien, würden die anderen schnell nachziehen. Die Krise verkürze dabei die Zeit, die man in der Autoindustrie überleben könne, ohne sein Geschäft umzukrempeln.
Gebremstes Innovationstempo
Zugleich werde der Absatzeinbruch das Innovationstempo in der Industrie bremsen. "Diverse Projekte werden auf Eis gelegt werden müssen. Die Gewinner werden diejenigen sein, die auf intelligente Weise Kosten senken." Für das Tempo der Ausbreitung von Elektrofahrzeugen in den kommenden Jahren werde entscheidend sein, ob die EU-Kommission in der Krise ihre Vorgaben für den CO2-Ausstoß lockert oder nicht
Branchenexperte Dudenhöffer rechnet mit massivem Einbruch
Die Autoproduktion in Deutschland war vergangenes Jahr von 5,1 auf 4,7 Millionen Fahrzeuge gesunken. Der Wirtschaftsforscher und Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet dieses Jahr mit einem Verkaufsrückgang von 15 Prozent in Deutschland, 20 Prozent in China, 25 Prozent in Frankreich und den USA und 30 Prozent in Italien. Damit dürfte die Produktion in Deutschland "bei optimistischer Prognose auf 3,8 Millionen Fahrzeuge schrumpfen. Unter einem pessimistischen Szenario erwarten wir lediglich 3,4 Millionen Fahrzeuge."
Tesla macht es vor: Der Neuwagenkauf per Online-Konfigurator ist hier längst möglich und normal. Die deutschen Hersteller hinken der Entwicklung hier noch weit hinterher. Allerdings: Die technologischen Hürden sind gering. Wenn BMW, VW und Daimler diesen Schritt wirklich gehen wollen, sollte es ihnen ein leichtes sein. Die größere Herausforderung in diesem Zusammenhang dürfte sein, die lokalen Autohäuser einzufangen.
Mit Material von dpa-AFX
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