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Denn der Kurs von AS Rom taumelt gefühlt seit Jahren stetig weiter nach unten. Doch nicht nur der Chart ist ein Bild des Grauens. In der Bilanz wurde zuletzt ein negatives (!) Eigenkapital in Höhe von 163 Millionen Euro ausgewiesen. Und auch sportlich lief es nicht rund. Der stolze Verein schloss die Saison gerade noch auf dem 7. Platz ab und hätte um ein Haar die Europacup-Qualifikation verpasst. Doch es besteht Hoffnung, dass der Turnaround gelingt. Und diese trägt zwei Namen: Friedkin und Mourinho.
Der US-Milliardär Dan Friedkin hatte den Verein im Vorjahr für knapp 600 Millionen Euro (inklusive Schulden) übernommen. Der Geschäftsmann hatte sich in der Saison 2020/21 meist im Hintergrund gehalten im Kontrast zum vorherigen Eigentümer James Pallotta, der teilweise reihenweise Trainer und Sportdirektoren austauschte. Die Folge war ein komplett unstrukturiert zusammengestellter, aufgeblähter und viel zu teurer Kader. Friedkin verfiel hingegen nicht in Aktionismus, sondern analysierte ruhig und kam zum Entschluss, dass der auslaufende Vertrag des Trainers Fonseca nicht verlängert wird.
„Können den Ball nach Hause nehmen“
Stattdessen soll es nun José Mourinho richten. Der selbst ernannte „The Special One“ wurde nur wenige Tage nach der Entlassung bei den Tottenham Hotspurs verpflichtet. Seine letzten Stationen in England und Spanien verließ er zum Teil nach großem Streit. Doch in Italien ist sein Ansehen enorm hoch. Schließlich holte er mit Inter Mailand in zwei Jahren zwei Meistertitel und verabschiedete sich 2010 mit dem Triple (bis heute unerreicht in Italien) zu Real Madrid.
Klar, er polarisiert und ist kein Trainer, der für Offensivfußball steht und den Fans Spektakel liefert (was ihm vor allem bei Real Madrid und Manchester United zum Verhängnis wurde). Sein Spezialgebiet ist die Verbesserung der Defensive. Und kaum ein Club unter Europas Top 30 dürfte dies nötiger haben als der AS Rom. Satte 58 Gegentore fing sich das Team in der Serie A ein. Den Tiefpunkt gab es in der Europa League bei der 2:6-Hinspielniederlage gegen Manchester United – wohlgemerkt nach einer 2:1-Halbzeitführung!
Zudem fehlen dem Team gegen qualitativ etwas stärkere Gegner meist komplett die Mittel – keines der Top-5-Teams aus der Serie A konnte in dieser Saison besiegt werden. Auch dafür ist Mourinho ein Spezialist. Er liebt die Rolle des Underdogs und schafft es immer wieder, dank totaler Fokussierung und des Aufbaus einer Wagenburgmentalität Achtungserfolge gegen besser besetzte Teams zu erringen – egal mit welchen Mitteln. Passend dazu seine Aussagen nach dem 2:0-Sieg mit Tottenham gegen Manchester City. Konfrontiert mit der Statistik, dass der spätere Meister, Ligapokalsieger und Champions-League-Finalist einen Ballbesitz von 80 Prozent hatte, entgegnete er lapidar: „Von mir aus können sie den Ball auch mit nach Hause nehmen. Wir haben die drei Punkte.“ Die mit vielen Offensivkönnern besetzte, aber defensiv oft viel zu sorglose Roma-Truppe und der Defensivspezialist Mourinho – es könnte passen wie Topf und Deckel. Er dürfte aber nicht nur dem bestehenden Kader Disziplin einimpfen, sondern soll sich auch um Zukäufe, allen voran den seit drei Jahren dringend benötigten starken Torwart, kümmern.
Jung und talentiert statt alt und teuer
Außer der dringend benötigten Stabilisierung der Defensive dürfte ein wichtiger Auftrag Mourinhos darin bestehen, die Vielzahl an großen Talenten nach vorne zu bringen. Neben jungen Leistungsträgern wie Kapitän und Local Hero Pellegrini (24), Mancini (25) sowie dem in dieser Saison verletzungsgeplagten Zaniolo (21) sollen auch Talente wie die 19-jährigen Juniorennationalspieler Bove, Darboe, Reynolds oder das „polnische Wunderkind“ Zalewski weitere Schritte nach vorne machen. Um Platz zu machen – und vor allem auch um die in den letzten Jahren viel zu hohen Kaderkosten zu verringern, sollen daher einige der fürstlich entlohnten Ü30-Spieler wie etwa Dzeko (35), Smalling (31), Pedro (33), Pastore (31) oder Mkhitaryan (32) gehen.
Parallelen zum „Vor-Klopp-BVB“?
Natürlich wird es für Friedkin und Mourinho eine Herkulesaufgabe, AS Rom wieder in die Champions League zu führen. Die Konkurrenz unter den Top-7-Clubs in Italien ist sehr groß. Doch es gibt durchaus einige Parallelen zu Borussia Dortmund (mehr zur BVB-Aktie auf Seite 50) zu der Zeit vor Jürgen Klopp ab 2008. Denn ebenso wie damals die Borussen ist AS Rom mit seinen weltweit rund 17 Millionen Fans ein schlafender Riese, der über eine gute Jugendarbeit und viele spannende Talente verfügt, aber den Anschluss an die Tabellenspitze verloren hat. Doch mit einem charismatischen Trainer, neuer Spielkultur und Mannschaft und vor allem Geduld (unter Friedkins Vorgänger Pallotta undenkbar) könnte auch hier eine der spannendsten Comeback-Storys in Europa entstehen.
Heiße Wette auf das Comeback
Sportlich und wirtschaftlich sieht es bei AS Rom aktuell eher düster aus. Doch das dürfte im Kurs längst eingepreist sein. Zudem besteht nach Jahren der Tristesse erstmals eine realistische Chance, dass es mit neuer Führung besser wird. Mutige können daher kleinere Positionen aufbauen. Wichtig: die marktenge Aktie streng limitiert ordern und unbedingt mit Stoppkursen arbeiten.