Nachdem Russland auf Befehl des Präsidenten Wladimir Putins in die Ukraine einfiel, stürzten weltweit die Aktienkurse ab. Doch während sich die meisten Aktien-Indizes zumindest etwas gefangen haben, verharren russische Papiere im weltweiten Vergleich ganz am Ende. Und Anleger von Gazprom, Lukoil und Co haben das Nachsehen.
Knapp zehn Monate nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist bei Russen-Aktien keine Erholung erkennbar. Zu den weltweiten Sanktionen gehörte die Ächtung russischer Aktien. Sie wurden aus globalen Indizes entfernt, die Aktien des Landes abbildende ETFs wurden entweder eingefroren oder geschlossen.
Den meisten Ausländern ist es immer noch verboten, die von ihnen gehaltenen Russen-Aktien zu verkaufen. Und russische Investoren waren nach der langen Schließung der Börse Moskau nicht in der Lage, den heimischen Markt nachhaltig zu stützen.
Und so ist die Börse Moskau in Lokalwährung gerechnet Schlusslicht unter den 92 Märkten, die von Bloomberg weltweit verfolgt werden. Der auf Dollar lautende RTS-Index ist in diesem Jahr um 35 Prozent abgestürzt. Auf Dollar-Basis gerechnet ist nur Vietnam noch etwas schlechter. Der MOEX Russia Index, der in Rubel bewertet wird, ist sogar um 44 Prozent gefallen und steuert auf den stärksten jährlichen Rückgang seit der Finanzkrise 2008 zu.
Wenn der Ukraine-Krieg weitergeht, worauf vieles hindeutet, dürften den Russen-Aktien weitere Verluste bevorstehen. "Russische Aktien spiegeln einen ganz düsteren Ausblick wider, weil die westlichen Sanktionen allmählich die heimische Wirtschaft belasten", zitiert Bloomberg Piotr Matys, Devisen-Analyst bei InTouch Capital Markets.
Er begründet seinen Pessimismus mit dem Wirtschaftsabschwung, der der Welt bevorstehen dürfte. "Die Aussicht auf einen globalen Abschwung in den nächsten Quartalen verheißt nichts Gutes für russisches Öl, insbesondere zu einer Zeit, in der die Europäische Union fest entschlossen ist, ihre Abhängigkeit von russischen Rohstoffen weiter zu verringern."
Schwergewichte Gazprom und Sberbank verlieren am meisten
Lukoil und Gazprom, die beiden gewichtigsten Mitglieder im MOEX-Index, sind in diesem Jahr um 30 Prozent bzw. 53 Prozent gefallen. Der größte börsennotierte Finanzwert, die Sberbank of Russia, ist sogar um 54 Prozent eingebrochen. Die internationalen Sanktionen haben Russland aus dem SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen und verhinderten, dass das Land auf Devisenreserven zugreifen kann.
Das nächste Jahr wird wahrscheinlich keine Erleichterung für den russischen Aktienmarkt bringen. Gerade haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf ein
neuntes Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Wie aus den am Freitagabend im EU-Amtsblatt veröffentlichen Rechtstexten hervorgeht, belegt die EU weitere 141 Personen und 49 Einrichtungen mit Vermögenssperren und Einreiseverboten. Unter ihnen sind etwa mehrere stellvertretende russische Ministerpräsidenten, Minister sowie Unternehmen aus der Rüstungs- und Automobilindustrie.
"Ohne neue Kapitalzuflüsse, die durch westliche Sanktionen eingeschränkt wurden, werden russische Aktien auch im nächsten Jahr wahrscheinlich wieder unterdurchschnittlich abschneiden", prognostiziert Matys von InTouch Capital Markets.
Anleger, die noch russische Aktien bzw. Hinterlegungsscheinen (ADRs) in ihrem Depot halten, müssen die Papiere wahrscheinlich als Totalverlust abschreiben. Nur bis zum 10. November gab es eine Möglichkeit, Hinterlegungsscheinen nach Maßgabe eines russischen Gesetzes vom 14. Juli 2022 im Wege einer sogenannten Zwangskonvertierung auf Antrag umzutauschen. Die Kollegen von Weisswert beantworten Fragen, wie die Lage aktuell ausschaut.
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