Früher sorgte ein "Black Friday" manchmal für große Börsenverluste. Mittlerweile haben die Schnäppchen-Jäger das Sagen. In der Thanksgiving-Woche könnte es derweil mit dem DAX noch weiter aufwärts gehen. Eine kleine zwischenzeitliche Abkühlung sollte nicht groß stören. Was in der neuen Woche ansteht, bringt der Wochenausblick.
Fast neun Prozent hat der Deutsche Aktienindex DAX seit seinem Oktober-Tief zugelegt. Fast geradlinig zog der Leitndex von 14.630 auf zuletzt fast 16.000 Punkte an. Am Freitag ging der DAX bei 15.919 Punkten ins Wochenende, nachdem er im Tagesverlauf bis 15.952 Zähler gestiegen war. Auf Wochensicht resultiert daraus ein Plus von 4,5 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen auf fast 26.284 Zähler, was einem Wochenplus von knapp vier Prozent entspricht.
Vor allem mildere Inflationsdaten aus den USA hatten zuletzt für Auftrieb gesorgt. Die rückläufige Teuerung in den Vereinigten Staaten und auch zuletzt gesunkene Ölpreise haben laut der Landesbank Hessen-Thüringen die Zinssorgen am Markt gedämpft. Letztlich gingen die Marktteilnehmer davon aus, dass die US-Notenbank das Zinsplateau erreicht habe und der nächste Schritt eine Senkung sein werde. An den Terminmärkten wird eine erste von insgesamt vier Zinssenkungen für nächstes Jahr ab Mai eingepreist.
"Wie eine Aufbauspritze"
"Wenn Inflations- und Zinsangst gehen, kommen Aktien", ist Baader-Bank-Experte Robert Halver zuversichtlich. Auf die Aktienmärkte wirke dies "wie eine Aufbauspritze". Der Experte sieht das größte Aufholpotenzial bei Aktien aus dem MDAX und SDAX. Während der DAX in diesem Jahr rund 14 Prozent zugelegt hat, belaufen sich die Anstiege seiner kleineren Brüder auf fünf beziehungsweise elf Prozent.
Mittlerweile steht der Leitindex wieder deutlich über der 200-Tage-Linie – ein positives Signal. "Einer weitere Jahresendrally einschließlich neuer Rekorde steht zumindest aus technischer Sicht nichts im Weg", gibt sich Börsenexperte Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets optimistisch. Die bisherige Bestmarke datiert mit knapp 16.529 Punkten aus dem Juli.
Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege bei Deutsche Bank prognostiziert bereits vor gut fünf Monaten, dass der DAX in absehbarer Zeit die 17.000-Punkte-Marke erreichen wird. Auch wenn es sich noch nicht in der neuen Woche bewahrheitet – bis Juni 2024 ist es weiterhin gut möglich.
RSI läuft in "überkauften" Bereich
Laut Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer birgt der jüngste Anstieg aber die Gefahr, dass die Rally an Fahrt verliert. Er verwies dabei auf den Relative Stärke Index (RSI) des DAX, der wieder die Marke von 70 erreicht habe – ein Niveau, bei welchem von einem "überkauften" Marktumfeld gesprochen werde. Der wichtigste fundamentale Grund für seine Skepsis sind die in seinen Augen zu hohen Gewinnerwartungen für die DAX-Werte.
Auch charttechnisch könnte die Luft im Bereich zwischen 16.000 und 16.100 Punkten enger werden. Diese Zone hatte der DAX mehrmals vergeblich getestet.
In der neuen Woche stehen einige Ereignisse an, die über die Tragfähigkeit der bisherigen November-Rally mit entscheiden könnten. Die Experten der Landesbank Baden-Württemberg verweisen auf die am Dienstag nach US-Börsenschluss erwarteten Zahlen von Nvidia, ein – wenn nicht der größte – Profiteur des Trendthemas Künstliche Intelligenz.
Trouble bei OpenAI
Bei der Entwicklerfirma hinter dem populären Chatbot ChatGPT gibt es einen überraschenden Chefwechsel. Der Verwaltungsrat von OpenAI entzog Mitgründer und Firmenlenker Sam Altman das Vertrauen. Dieser sei nicht aufrichtig in seiner Kommunikation mit dem Gremium gewesen, hieß es in einer Mitteilung. Altman war das öffentliche Gesicht von OpenAI und stand erst vor wenigen Tagen im Rampenlicht bei der ersten Entwicklerkonferenz des Unternehmens. Den Partner Microsoft könnte der Rausschmiss an der Börse berühren.
Außerdem dürften die US-Bürger in der Thanksgiving-Woche zeigen, ob ihr "Konsum eine tragfähige Stütze für die Konjunktur ist". Nach dem US-Feiertag am Donnerstag hat der "Black Friday" wieder Signalwirkung für das besonders wichtige Weihnachtsgeschäft.
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Berichtssaison läuft aus
Die Saison der Unternehmensberichte fällt dagegen als Triebfeder weg. Kapitalmarkttage von DAX-Konzernen könnten aber das Interesse der Anleger auf sich ziehen. Von Rheinmetall, einem Profiteur der aktuellen Aufrüstung, versprechen sich Experten zu Wochenbeginn neue mittelfristige Ziele. Am Dienstag dürfte dann bei Siemens Energy intensiv darüber diskutiert werden, dass die schwierige Lage des Energietechnik-Konzerns staatliche Garantien erforderlich machte. Auch die Allianz veranstaltet einen Investors Day.
Unter den deutschen Nebenwerten gibt es noch Nachzügler mit Quartalszahlen. So melden etwa DFV Deutsche Familienversicherung und Wüstenrot & Württembergische ihre Q3-Zahlen.
Wenig Konjunkturdaten
Konjunktursignale sind in den kommenden Tagen ziemlich rar. Die chinesische Notenbank wird bereits am Montag über den geldpolitischen Schlüsselsatz, die sogenannte Loan Prime Rate (LPR), entscheiden. Um die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie zu stärken, hat China in den vergangenen Monaten mehrere Konjunkturspritzen gesetzt.
In der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte am Montag genau hingesehen werden, wenn die Veröffentlichung der Erzeugerpreise im Oktober ansteht. Am Freitag könnte der Ifo-Geschäftsklimaindex bewegen. Für mögliche Anzeichen von Bremsspuren der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, einen Nachtragshaushalt der Ampel für verfassungswidrig zu erklären, dürfte es dabei noch zu früh sein.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der alten Woche die Verwendung von Corona-Krediten für Klimaprojekte für verfassungswidrig erklärt. Laut DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater müssen die Konjunkturdaten in den kommenden Wochen wegen dieser Entscheidung aber genau beobachtet werden.
"Das Ifo-Geschäftsklima dürfte sich erneut verbessern", heißt es in einem Ausblick der Landesbank Helaba nach guten Vorboten durch den ZEW-Index, der im November zum vierten Mal in Folge gestiegen war. Für den Ifo sei dies ein positives Signal. Während die Helaba das Stimmungsbarometer bei 87,3 Punkten erwartet, hält die Commerzbank gar 87,5 Zähler für realistisch. (mit Material von dpa-AFX)
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