Beim Immobilienkonzern Adler Group überschlagen sich die Ereignisse. Nachdem am Freitag der Wirtschaftsprüfer KPMG sein Testat zum 2021er-Geschäftsbericht verweigerte (DER AKTIONÄR berichtete), traten am Samstag mehrere Verwaltungsratsmitglieder zurück. Die Aktie, die am Freitagabend noch eingebrochen war, setzt heute ihren Absturz fort.
Trotz des Versagungsvermerks von KPMG hatte Adler am Freitag die Zahlen für das vergangene Jahr vorgelegt. Damit sollen die Berichtspflichten ausstehender Anleihen erfüllt werden, wie die Gesellschaft bereits in der Nacht zum Samstag mitgeteilt hatte.
Adler konnte zwar den operativen Gewinn steigern, unter dem Strich stand wegen Abschreibungen aber ein Verlust von knapp 1,2 Milliarden Euro. Das Management verwies unter anderem auf "Auswirkungen einer Wertminderung von Geschäfts- oder Firmenwerten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Consus Real Estate AG in Höhe von 1,08 Milliarden Euro. Gründe seien gestiegene Baukosten und eine deutliche Reduzierung des erwarteten Projektentwicklungsvolumens.
Adler war aus dem Zusammenschluss von Ado Properties, Adler Real Estate und dem Berliner Projektentwickler Consus Real Estate entstanden. Ado Properties hatte hierbei Adler Real Estate übernommen und dann Consus geschluckt.
Wegen der vielen Verkäufe, um die hohen Schulden abzubauen, rechnet Adler mit einem deutlichen Rückgang des operativen Ergebnisses (FFO 1) im laufenden Jahr, und zwar auf 73 bis 76 Millionen Euro. 2021 war dieser um 28 Prozent auf 137,1 Millionen Euro gestiegen.
Erst vor einer Woche hatte sich Adler nach einer KPMG-Sonderprüfung von den Vorwürfen der Investmentfirma Viceroy des Leerkäufers Fraser Perring als entlastet bezeichnet. Zwar seien in der Dokumentation und in der Abwicklung einiger Transaktionen Mängel festgestellt worden, die Sonderprüfer hätten hingegen keine Beweise dafür gefunden, dass es systematisch "betrügerische oder die Gesellschaft ausplündernde Transaktionen mit angeblich nahestehenden Personen" gegeben habe, hatte Adler mitgeteilt.
Das hatte den Kursverfall aber nur kurz gestützt. Allein in der abgelaufenen Woche sackte der Aktienkurs um mehr als ein Drittel ab - die nachbörslichen Verluste vom Freitagabend nicht eingerechnet.
Viceroy, der auch den insolventen Finanzdienstleister Wirecard früh mit Veröffentlichungen unter Druck gesetzt hatte, hatte gegen Adler erstmals Anfang Oktober vergangenen Jahres schwere Vorwürfe erhoben - unter anderem mit Blick auf die Bewertung von Immobilienprojekten. Der Aktienkurs war daraufhin stark unter Druck geraten.
Nach den Ereignissen der letzten Tage ist noch Schlimmeres bei der Adler Group nicht auszuschließen. Die Entwicklung der Anleihen lässt auch nichts Gutes erahnen. DER AKTIONÄR bleibt bei seiner Einschätzung, einen großen Bogen um die Aktie zu machen.
(mit Material von dpa-AFX)