Wirecard hat am späten Mittwochabend per DGAP-Meldung über personelle Veränderungen im Aufsichtsrat informiert. Einen direkten Zusammenhang zu den jüngsten Entwicklungen hinsichtlich der KPMG-Prüfung gibt es nicht, doch das Timing wirft Fragen auf.
Demnach ist Susana Quintana-Plaza bereits mit Wirkung zum 7. April aus dem Aufsichtsrat des Unternehmens ausgeschieden und hat „inzwischen eine Executive Position bei einem Konzern im Ausland übernommen“. Warum der DAX-Konzern erst mit über drei Wochen Verspätung über die Personalie informiert, dazu schweigt die Meldung. Spekulationen über einen Weggang der Aufsichtsrätin hatte es bereits in der Vorwoche gegeben.
Für Ersatz ist aber bereits gesorgt: Der ordentlichen Hauptversammlung soll Hauke Stars als Nachfolgerin im Kontrollgremium zur Wahl vorgeschlagen werden. Die 52-Jährige sitzt seit 2012 im Vorstand der Deutschen Börse und verantwortet dort den Geschäftsbereich, zu dem Börsengänge, der Aktienhandel und die Startup-Förderung gehören.
Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann lobt die „fundierten Kenntnisse professioneller Prozesse und Abläufe in international agierenden und börsennotierten Blue-Chip-Konzernen“ der Managerin sowie „ihre ausgezeichnete Expertise in IT- und Technologie-Themen“.
Darüber hinaus kündigte Wirecard die Erweiterung des Aufsichtsrats um zwei weitere, neue Mitglieder an. Auch sie sollen bei der Hauptversammlung 2020, die nach bisherigen Planungen am 2. Juli stattfindet, zur Wahl stehen. Weitere Informationen folgen „zu gegebener Zeit“, so Eichelmann.
Kein Wort zum KPMG-Bericht
Auf den in dieser Woche veröffentlichten KPMG-Bericht geht Wirecard in der Unternehmensmeldung mit keiner Silbe ein. Zumindest die Erweiterung des Aufsichtsrats ist aber als Reaktion auf wiederholte Forderungen nach Professionalisierung zu werten. Eichelmann, der erst zu Jahresbeginn den Aufsichtsratsvorsitz übernommen hatte, hat damals bereits entsprechende Maßnahmen in Aussicht gestellt (DER AKTIONÄR berichtete).
Reaktion auf Rücktrittsforderungen
Am umstrittenen Vorstandschef Markus Braun will der Aufsichtsratsvorsitzende derweil festhalten, nachdem es am Vortag harsche Kritik und sogar Rücktrittsforderungen gegeben hatte. „Eine Personaldebatte wäre im Moment in keinster Weise zum Wohl des Unternehmens. Eine Ablösung von Herrn Dr. Braun sehe ich heute nicht“, sagte Eichelmann im Interview mit dem Handelsblatt.
Aktie vorbörslich im Plus
Nachdem die Veröffentlichung des KPMG-Berichts am Dienstag aus Sicht der Anleger nicht die erhoffte Erlösung von den Bilanz-Vorwürfen geliefert hat, ist die Aktie seit Wochenbeginn um rund 35 Prozent eingeknickt. Nach zwei heftigen Verlusttagen in Folge ist nun eine technische Gegenbewegung möglich, die Lage dürfte aber angespannt bleiben.
Mehr zur Wirecard-Aktie und der KPMG-Prüfung lesen Sie in der aktuellen Ausgabe (19/2020) von DER AKTIONÄR.
Mit Material von dpa-AFX.