Wirecard kommt nicht aus den Schlagzeilen: Die Veröffentlichung des KPMG-Berichts Ende April hat sich zu einem Desaster entwickelt und zwischenzeitlich auch die Finanzaufsicht BaFin auf den Plan gerufen. In diesem Zusammenhang hat nun auch der erste Aktionär Klage gegen den DAX-Konzern eingereicht.
Die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Tübinger Kanzlei Tilp hat am Dienstag für die von ihr vertretene Effecten-Spiegel AG die erste deutsche Anlegerklage gegen Wirecard vor dem Landgericht München I eingereicht und die Einleitung einer Musterklage vor dem Oberlandesgericht München beantragt. Das geht aus einer Pressemitteilung der Kanzlei hervor.
Wegen Aktienkäufen im Jahr 2019 mache Tilp zugunsten der Kläger sogenannte Kursdifferenzschäden nach § 97 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) geltend. Begründet wird die Klage damit, dass Wirecard dem Kapitalmarkt gravierende Mängel in seinem Compliance-System verschwiegen hat. Der Schaden wird dabei auf mindestens 32,07% des jeweiligen von der Klägerin bezahlten Einstandskurses pro Aktie beziffert.
„Das Maß ist jetzt voll“
Nach Auffassung der Kläger habe sich Wirecard mit einer Reihe von falschen, unterlassenen sowie unvollständigen Kapitalmarktinformationen gegenüber ihren Aktionären schadenersatzpflichtig gemacht. „Nach dem KPMG-Bericht sehen wir unsere feste Überzeugung bestätigt, dass Wirecard ein massives Compliance-Problem hatte und hat - und darüber hätte Wirecard den Kapitalmarkt rechtzeitig in Kenntnis setzen müssen“, sagt Maximilian Weiss, Rechtsanwalt der Tilp-Gruppe.
„Das Maß ist jetzt voll. Wir haben nunmehr alle rechtlich erforderlichen Fakten beieinander und können diese belegen – daher messen wir der von uns eingereichten Klage hohe Erfolgschancen bei“, so der Anwalt. Zeitgleich zu der Klage habe die Kanzlei auch einen Antrag auf die Einleitung eines Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht München gestellt, heißt es in der Mitteilung. Hat der Antrag erfolg, dann könnten sich weitere Anleger der Klage anschließen.
Wirecard muss derzeit an vielen Fronten kämpfen. Das sorgt für hohe Unsicherheit, auch unter den Aktionären. Die kurze Erholung vom Wochenanfang ist bereits im Sande verlaufen. Am Mittwochmorgen startet die Aktie rund drei Prozent schwächer in den Handel. Investierte Anleger behalten den Stopp bei 75,00 Euro im Auge.