Der Tourismus erlebt eine nie da gewesene Krise: Reisewarnungen, verunsicherte Urlauber, Stillstand der Geschäfte und obendrein auch noch Ärger um Rückerstattung von Kundengeldern. Bei Platzhirsch TUI musste der Staat - angesichts der großen Not - schon sogar zweimal mit Krediten helfen, um das Überleben zu sichern.
Die Branche ist hin- und hergerissen: Einerseits hofft man auf 2021, dass es dann – am besten mit einem Impfstoff im Gepäck – wieder deutlich aufwärts geht. Doch andererseits schwingen auch Angst und Sorge bei den Branchenvertretern ganz deutlich mit.
"Das Jahr 2021 wird das Jahr der Entscheidung", sagte Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef von DER Touristik, in einem Gespräch der dpa mit Vertretern der Branche. Mit einer schnellen Rückkehr zu alter Stärke rechnet die Branche, die bereits durch die Pleite von Thomas-Cook vor einem Jahr durchgerüttelt wurde, nicht. "Eine durchgreifende Erholung der Nachfrage wird es erst geben, wenn ein Corona-Impfstoff da ist. Bis dahin müssen wir die Branche stabilisieren, damit eine massive Welle von Insolvenzen vermieden wird", sagte Burmester.
Tourismusexperte Torsten Kirstges von der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven ist zuversichtlich, dass sich das Reiseverhalten der Menschen im kommenden Jahr "wieder ein bisschen normalisiert. Spätestens in zwei, drei Jahren werden Kreuzfahrten wieder boomen, auch Fernreisen wieder gemacht und nachgeholt." Er geht von aus, dass sich das Reiseverhalten auf mittlere Sicht im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten nicht grundsätzlich verändert.
Immerhin: Das Interesse an Reisen im kommenden Sommer scheint da zu sein. Nach jüngsten Daten von Travel Data + Analytics (TDA) entfielen in diesem Juli bereits 21 Prozent der Buchungsumsätze auf die Sommersaison 2021. "Der Wunsch zu reisen ist in diesem Jahr da und wird auch im nächsten Jahr da sein", zeigt sich Tui Cruises-Chefin Wybcke Meier zuversichtlich. "Wir haben schon viele Buchungen im System. Ob alle geplanten Reiserouten so durchführbar sein werden, ist natürlich abhängig vom Gesamtgeschehen zu dem Zeitpunkt."
Tui Cruises ist aktuell mit drei Kreuzfahrt-Schiffen unterwegs. "Wir hoffen, spätestens im Frühjahr wieder mit allen sieben Schiffen unterwegs zu sein, mit etwas weniger Auslastung, um unsere Gesundheitskonzepte fortzusetzen und unseren Kunden somit Komfort und größtmögliche Sicherheit zu geben", sagte Meier.Die Reisebuchungen für die kommende Wintersaison allgemein waren nach Angaben von Travel Data + Analytics zuletzt unverändert schwach. Viele Reiseziele vor allem auch Fernreisen seien wegen Reisewarnungen und Ländern, die Touristen in diesem Jahr nicht mehr einreisen lassen, derzeit noch nicht planbar. Die Branche wirft der Politik vor, zur Verunsicherung der Urlauber massiv beigetragen zu haben
Für die Branche und damit auch TUI bleibt die Lage weiterhin unübersichtlich und unberechenbar. Anleger lassen die Aktie links liegen und beschäftigen sich besser mit aussichtsreicheren Kandidaten.
(Mit Material von dpa-AFX)