Der ohnehin schwer angeschlagene Touristik-Konzern TUI hat eine weitere Baustelle. So sind die „Reibereien“ mit den Reisebüros zwar nicht ganz neu - sie haben aber nun eine "neue Eskalationsstufe" erreicht. Im Rahmen des jüngsten virtuellen Kongress‘ der Touristik-Zeitschrift fvw, an dem TUI-Boss Fritz Joussen als „Keynote-Speaker“ in Erscheinung trat, haben die Reisebüros sehr dezidiert ihren Unmut geäußert und deutlich adressiert.
So berichtet die fvw, dass viele Reisebüros vor allem deshalb in negativer Grundstimmung seien, weil "einige Veranstalter auf dem Höhepunkt der Corona-Krise wochenlang für die Reisebüros nicht erreichbar" waren. Das brachte die Beziehung zwischen den Reiseverkäufern und Veranstaltern auf einen Tiefpunkt. Und wie sich beim virtuellen fvw-Kongress zeigte, sitzt der Stachel der Enttäuschung tief.
Gleich im Rahmen der Konkress-Eröffnung durch TUI-Chef Fritz Joussen, machten mehrere Reiseverkäufer ihrem Ärger Luft. "Das Wort 'Reisebüro" kam Herrn Joussen nicht über die Lippen. Und kein Wort des Dankes für die Arbeit, die Reisebüros ohne Entgelt auch für die TUI gemacht haben", kritisierte Rolf Römer, Leiter von RFR Travelservice in Wuppertal, in den Kommentaren auf fvw.de. Andere Veranstalter sehen eine "Ignoranz und Überheblichkeit der TUI gegenüber den Reisebüros". Und ein Reiseagentur-Leiter spricht gar von einem "völlig zerrütteten Verhältnis der TUI zum stationären Vertrieb".
Einmal mehr wird deutlich, dass Corona wie ein Brennglas funktioniert und vorhandene Probleme noch verschärft. Bereits vor der Pandemie fühlte sich der stationäre Vertrieb im Vergleich zum Online-Vertrieb benachteiligt. TUI verstärkte diese Gefühlslage noch: So waren die Hannoveraner wochenlang in der Krise telefonisch für Reiseberater nicht erreichbar, für Online-Kunden wurde jedoch eine Hotline eingerichtet. Zwar hat sich TUI-Manager Hubert Kluske für die lange Bearbeitungszeit im Juni in der fvw entschuldigt, konnte aber damit die Wogen im stationären Vertrieb nicht glätten.
Hinzu kommt, dass es viele Reisebüros immer noch mit verärgerten Kunden zu tun haben, die seit Monaten auf die Rückerstattung ihrer Reisekosten warten. Die verspätete Rückzahlung einiger Veranstalter Ist in der Tat ein Problem und schadet der ganzen Branche. Und auch die (ewigen) Diskussionen über eine gerechte Provisionsregelung reißen nicht ab. Der Kollektivvertrag, den die Reisebüro-Allianz QTA mit TUI vereinbarte, stößt nicht überall auf ungeteilte Freude. Hinter dem Kollektivvertrag steckt die Idee, Volumenverträge mit den Veranstaltern abzuschließen, damit der Gesamtumsatz aller Büros bei einem Veranstalter über eine Stelle und nicht über jedes einzelne Büro läuft. Doch das werten die Diskussionsteilnehmer eben nicht als "wichtiges Signal für eine Neuordnung", wie die QTA den Kollektivvertrag angekündigt hatte.
TUI bekommt jetzt auch noch stärkeren Gegenwind von den Reisebüros. Besser wäre, sich mit den Partnern schellstmöglich zu arrangieren und die Wogen zu glätten. Denn neue, weitere Probleme kann der in Schieflage geratene Touristik-Konzern eigentlich nicht gebrauchen. Für die Anleger bedeutet das nur eines: Die TUI-Aktie ist derzeit besser nicht zu gebrauchen.