Die Reisebranche ist mit am härtesten von der Corona-Pandemie getroffen. TUI hat das gewaltig zu spüren bekommen – im ersten Geschäftshalbjahr (31. März) sind die Hannoveraner mit Überschallgeschwindigkeit in die Miesen geflogen. Mit einem Sparprogramm und der Hoffnung, dass das Virus wieder viele Menschen in die weite Welt fliegen lässt, will der Touristik-Konzern zurück auf Kurs kommen. Das Statische Bundesamt sieht indes zwei weitere Variablen.
Zunächst führen die Statistiker aus, dass die Erlöse von Reisebüros, Veranstaltern und sonstigen Reservierungsdienstleistern gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 23 Prozent geschrumpft sind. Dies sei der stärkste Rückgang seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008. Das ist wenig verwunderlich.
Erfreulich ist: Seit Anfang der Woche sind Reisen in viele europäische Länder wieder möglich, nachdem seit Mitte März durch Grenzschließungen sowie die weltweite Reisewarnung Tourismus praktisch nicht mehr stattgefunden hat. Ob TUI jetzt tatsächlich einen (größeren) Aufschwung erlebt, hängt nach Ansicht des Statistischen Bundesamts nicht zuletzt von der Reise- und Ausgabebereitschaft der Verbraucher ab.
Im Jahr 2018 hatte fast jeder fünfte Haushalt durchschnittlich 1.000 Euro für eine Pauschalreise ausgegeben. Ob das – abgesehen von den Ansteckungsängsten der Menschen - in diesem extremen Krisenjahr mit gestiegener Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und immensen Einkommensverlusten der Fall sein wird, darf stark bezweifelt werden.
Zweifellos stemmt sich TUI mit aller Kraft gegen die Krise. So meldet der Reisekonzern heute, dass die Frankreich-Tochter umstrukturiert wird. Die chronisch defizitären Franzosen werden verschlankt, die 70 eigenen Reisebüros sollen veräußert oder geschlossen werden, so TUI. Insgesamt werden damit rund 600 Stellen gestrichen. Weltweit sollen 8.000 von mehr als 70.000 Arbeitsplätzen wegfallen – die viel zitierten Overhead-Kosten will der Reisekonzern damit um 30 Prozent drücken.
TUI bleibt weiterhin im „Schwitzkasten“ der Corona-Pandemie - mit allen Unsicherheiten. Und auch der Faktor „Mensch“ ist unberechenbar: Wie viele Konsumenten haben tatsächlich Lust und eben auch Geld – selbst wenn es aufgrund der Corona-Lockerungen möglich ist und keine zweite Welle kommt - in den Urlaub zu fliegen? Aus Sicht des AKTIONÄR gehen Langfrist-Anleger derzeit besser nicht an Bord.
(Mit Material von dpa-AFX)