Die Lage bei Europas Autobauern ist fatal. Egal ob Massen- oder Premiumhersteller: eine Negativschlagzeile jagt die nächste. Besonders übel sieht es aktuell bei der Opel-Mutter Stellantis aus. Hier überschlugen sich zuletzt die Ereignisse – die Aktie korrigierte seit dem Rekordhoch im März um mehr als 55 Prozent.
Mit Blick auf die jüngsten Geschehnisse kommt der Kursverfall wenig überraschend. So meldete der europäische Mehrmarkenkonzern im Juli etwa enttäuschende Q2-Zahlen. Ende September kappte Stellantis dann die Prognosen für das Gesamtjahr. Aufgrund weltweit schlechterer Branchenaussichten und wachsender Konkurrenz aus China warnte das Management vor sinkenden Verkaufszahlen. Zudem sollten die Margen bei nur noch 5,5 bis 7,5 Prozent statt des zuvor prognostizierten zweistelligen Werts liegen.
Seither kehrte bei Stellantis keine Ruhe mehr ein, am Freitag folgte der nächste Paukenschlag: Große Teile des Managements würden ausgetauscht. Darunter CEO Carlos Tavares, der 2026 in Rente gehen wird. Anderen führenden Angestellten bleibt weniger Zeit: Der Europa-Chef und frühere Opel-Boss Uwe Hochgeschurtz wird gehen und von Jean-Philippe Imparato ersetzt. Natalie Knight muss ihren Posten als CFO nach nur einem halben Jahr räumen, der bisherige China-Chef Doug Ostermann übernimmt ihre Rolle.
Ein großes Problem bei Stellantis ist, dass das Geschäft in China und den USA alles andere als rund läuft. Vor allem in den Staaten, wo der Konzern mit Marken wie Chrysler oder Dodge seit jeher stark vertreten war, wurden seit 2019 die Preise drastisch erhöht. Dies führte wiederum zu einer schwächeren Nachfrage und wachsenden Lagerbeständen, sodass Händler jenseits des Atlantiks inzwischen deutliche Nachlässe gewähren müssen.
Werkschließungen eine Optiion
Eine weitere Folge der wachsenden Lagerbestände, erstarkenden Konkurrenz aus China und der schwachen Nachfrageentwicklung: Wie Konkurrent VW denkt auch Tavares inzwischen über Werkschließungen nach. Das erklärte der Manager in einem am Sonntag erschienen Interview mit der französischen Zeitung Les Échos.
Man dürfe nichts ausschließen so Tavares. Wenn die Chinesen am Ende ihrer Offensive einen Marktanteil von zehn Prozent in Europa erreichten, bedeute dies ein Volumen von 1,5 Millionen Autos. Und weiter: „Das entspricht sieben Montagewerken. Die europäischen Hersteller müssten diese dann entweder schließen oder an die Chinesen übergeben“.
Einen Beitrag zu den Problemen leiste auch die EU mit ihren kürzlich beschlossenen Strafzöllen auf den Import in China gefertigter E-Autos. Die Konzerne würden die Barrieren umgehen, indem sie in den Bau von Fabriken in Europa investierten. „Wenn das geschehen ist, darf man sich nicht wundern, wenn Standorte geschlossen werden müssen, um die verschärften Überkapazitäten abzubauen“, so Tavares.
Die Aussichten in der europäischen Automobilbranche haben sich deutlich eingetrübt. Mit dem Kursverfall bei Stellantis dürfte zwar schon viel der negativen Erwartungen eingepreist sein. Dennoch sollten Anleger hier nicht ins fallende Messer greifen.