Die Lufthansa stellt sich nach einem weiteren Milliardenverlust im Sommer auf schmerzhafte kalte Monate ein. "Wir stehen am Beginn eines Winters, der für unsere Branche hart und herausfordernd sein wird", sagte Vorstandschef Carsten Spohr bei der Vorlage der Zwischenbilanz am Donnerstag in Frankfurt.
Die Lufthansa-Führung versucht den anhaltenden Geldabfluss in der Corona-Krise einzudämmen und hat die Ausgaben stark heruntergefahren. Tausenden Mitarbeitern droht der Jobverlust. Wie teuer der Stellenabbau wird, ist noch offen. Die Verhandlungen mit den Gewerkschaften ziehen sich hin. Spohr will die Kosten für die Streichungen aber noch in diesem Jahr verbuchen.
Dass die Lufthansa überhaupt noch fliegt, verdankt sie milliardenschweren Staatshilfen aus Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz. Die Regierungen haben den Lufthansa-Konzern und seine Auslandstöchter Austrian Airlines, Brussels Airlines und Swiss im Sommer mit insgesamt neun Milliarden Euro vor dem Aus bewahrt.
Ein sehr steiniger Weg
Doch der Flugverkehr in Europa und großen Teilen der Welt liegt wegen der Corona-Pandemie immer noch weitgehend am Boden. Und die Lufthansa verliert jeden Tag mehrere Millionen Euro. Der Vorstand will den Geldabfluss im operativen Geschäft im vierten Quartal jetzt auf durchschnittlich 350 Millionen Euro pro Monat begrenzen. Im Sommerquartal hatte die Lufthansa den Mittelabfluss auf durchschnittlich 200 Millionen Euro eingedämmt - auch dank der vorübergehenden Erholung im Passagiergeschäft.
Wann der Mittelabfluss gestoppt wird, wagt der Vorstand nur grob zu prognostizieren. Irgendwann im Laufe des nächsten Jahres soll der operative Mittelzufluss zwar wieder ins Positive drehen. Dem Management zufolge muss sich die Pandemie dazu aber so entwickeln, dass der Konzern sein Flugangebot wieder auf rund 50 Prozent des Vorkrisenniveaus hochfahren kann.
Ob das so kommt, ist offen. Stefan Schulte, Chef des Flughafenbetreibers Fraport , erwartet, dass das Passagieraufkommen in Frankfurt - dem wichtigsten Standort der Lufthansa - im kommenden Jahr lediglich 35 bis 45 Prozent des Jahres 2019 erreicht. Allerdings geht er davon aus, dass sich das Geschäft an Flughäfen mit weniger Langstreckenverbindungen schneller von der Krise erholt.
Der Lufthansa-Konzern hat sein Flugangebot für das laufende Quartal wie andere Airlines bereits kräftig zusammengestrichen - auf höchstens ein Viertel des Vorjahreswerts. Um die Ausgaben weiter zu senken, werden ein Großteil der Frankfurter Konzernzentrale und andere Verwaltungseinheiten zum Winter geschlossen. "Die Menschen haben weltweit eine große Sehnsucht, bald wieder zu reisen", sagte Spohr. "Es muss jetzt darum gehen, Gesundheitsschutz und Reisefreiheit miteinander zu vereinbaren, zum Beispiel durch flächendeckende Schnelltests."
Thiele macht Druck
Unterdessen kommt die Lufthansa mit dem Stellenabbau bereits voran. Ende September beschäftigte der Konzern noch gut 124 500 Mitarbeiter, fast 14 000 weniger als ein Jahr zuvor. Allein seit Ende Juni haben demnach nahezu 5000 Beschäftigte das Unternehmen verlassen. Nach bisherigen Angaben sollten weltweit rund 27 000 Stellen wegfallen, bevorzugt über Teilzeit und freiwillige Abgänge, aber auch über betriebsbedingte Kündigungen.
Lufthansa-Großaktionär Heinz-Hermann Thiele hat wegen der stockenden Verhandlungen mit den Gewerkschaften bereits vor einem noch stärkeren Stellenabbau gewarnt. "Wenn es nicht kurzfristig zu einer substantiellen Annäherung der Positionen der Tarifpartner kommt, ist die geplante Sanierung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu machen", sagte er vor wenigen Tagen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Thiele zufolge könnte sich der Abbau in Richtung von 30 000 Vollzeitstellen bewegen. Der Milliardär ist nach dem Einstieg des Bundes der zweitgrößte Lufthansa-Aktionär und hielt zuletzt rund zwölf Prozent der Aktien.
Im abgelaufenen Sommerquartal zogen der Geschäftseinbruch und die Stilllegung vieler Flugzeuge die Lufthansa noch tiefer in die roten Zahlen als ohnehin befürchtet. Unter dem Strich stand in den sonst so wichtigen Reisemonaten Juli bis September ein Minus von fast zwei Milliarden Euro nach mehr als einer Milliarde Gewinn ein Jahr zuvor.
Die Folgen dieser historischen Krise der gesamten Luftfahrtbranche dürften die Lufthansa noch lange Zeit schwer belasten. Daher bleibt die Aktie der Lufthansa weiterhin ein riskantes Investment. Anleger sollten deshalb nach wie vor an der Seitenlinie verharren.
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Lufthansa.
(Mit Material von dpa-AFX)