Weniger als einen Dollar kostete eine Aktie des einstigen Starbucks-Herausforderers aus China dieses Jahr zeitweise. Der Kurs war tief gefallen, weil aufgeflogen war, dass es Umsätze in Höhe von Hunderten Millionen Dollar in Wirklichkeit nie gegeben hat. Inzwischen werden zumindest wieder mehr als vier Dollar pro Luckin-Coffee-Aktie gezahlt. Was ist passiert?
Eigentlich nicht viel. Jedenfalls nichts, das die mehr als 300 Prozent Aufschlag gegenüber dem Tief rechtfertigen würde. Die rund 7,7 Millionen Euro Strafe, die Chinas Finanzaufsicht den am Betrug beteiligten Unternehmen auferlegt hat, wirken relativ milde. Für den Kursanstieg könnten Short-Eindeckungen verantwortlich sein. Das könnte wiederum Momentum-Trader angezogen haben, angetrieben von Spekulationen in Onlineforen, dass eine Aktie wie Luckin immer mal für schnelle 20 Prozent oder mehr gut sein könnte.
Fakt ist: Die Aktie, die zu besten Zeiten mehr als 50 Dollar kostete, ist zum Zockerwert verkommen. Charttechnisch gesehen ist der Anstieg nach dem Crash nicht mehr als eine Gegenbewegung. Solange nicht wenigstens der Widerstandsbereich von 6,80 bis 7,30 Euro überwunden wird, ist die übergeordnete Tendenz weiter klar bearish.
Aktuelle Analysten-Einschätzungen gibt es ohnehin nicht. Die fundamentale Lage des Unternehmens ist völlig unklar. Das Problem: Nach dem Betrug ist offen, welche Substanz noch im Unternehmen steckt. Hobby-Analysten könnten versuchen, die mutmaßlich fingierte Summe einfach vom Unternehmenswert abzuziehen, um einen vermeintlich fairen Wert zu kalkulieren. Das würde im Endeffekt aber wohl kaum zu einem belastbaren Ergebnis führen. Unter anderem müssten auch Image-Schaden und Vertrauensverlust bei Kunden und Geschäftspartnern (darunter potenzielle Kreditgeber) berücksichtigt werden.
Außerdem hat Luckin Coffee von Skaleneffekten profitiert. Wenn aber nun die wahre Substanz des Unternehmens deutlich geringer ist als angenommen, stellt sich die Frage, wie tragfähig Luckins Geschäftsmodell unter realistischen Bedingungen überhaupt ist. Eine Frage, die derzeit mangels belastbarer Zahlen nicht mal ansatzweise seriös beantwortet werden kann.
Letztendlich hat sich in den vergangenen Wochen beim Unternehmen nichts geändert. Es bleibt dabei: Die Aktie von Luckin Coffee ist kein Kauf.