Gold in einem Bullenmarkt? Der eine oder andere mag die Augenbrauen hochziehen, den Kopf schütteln und vielleicht sogar resigniert abwinken. Und doch: Gold befindet sich rein objektiv in einem Bullenmarkt – auch wenn es sich nicht so anfühlt. Zur Erinnerung: Ende 2015 befand sich Gold gerade einmal bei 1.050 Dollar. In den kommenden fünf Jahren verdoppelte sich der Goldpreis nahezu auf 2.075 Dollar im Sommer 2020. Aktuell notiert das Edelmetall im Bereich von 1.800 Dollar. Eine Korrektur also von knapp 15 Prozent. Nichts Ungewöhnliches in einem Bullenmarkt. Doch warum in aller Welt fühlt es sich nicht an wie ein Bullenmarkt?
Das Problem dieses Bullenmarktes ist: Die Anstiege konzentrieren sich auf eine sehr kurze Zeitspanne, meist wenige Wochen. Ein typisches Beispiel ist sicherlich die Rallye im vergangenen Jahr. Hier spielte sich beispielsweise der Goldpreisanstieg von 1.780 auf 2.075 Dollar – also ein Anstieg von knapp 300 Dollar – in nicht einmal zwei Wochen ab. Die Konsolidierung aber, die sich an dieses Top anschloss, hält uns heute, als über 15 Monate später, noch gefangen. Dieser Mix aus extremen, kurzen Anstiegen gefolgt von langen, zähen Konsolidierungsphasen machen diesen Bullenmarkt derart zermürbend.
Dass die Minen derart schwach performt haben über die vergangenen Monate überrascht auf den ersten Blick. Die Unternehmen verdienen bei einem Goldpreis um die 1.800 Dollar prächtig, der Free-Cashflow ist sogar so hoch wie noch in der Geschichte zuvor. Die Unternehmen zahlen Dividenden, haben Aktienrückkaufprogramme aufgelegt. Viele Produzenten haben ihre Schulden deutlich zurückgeführt und sind in der komfortablen Situation eine Netto-Cashposition aufgebaut zu haben. Doch in dieser unendlich zähen Seitwärtsbewegung des Goldpreises, haben vor allem viele Generalisten das Interesse an Goldaktien verloren. Zumal es in anderen Bereichen offensichtlich spannendere Bewegungen gibt. Bei dem Gros der Minenaktien ist also nicht die operative Performance an der schwachen Aktienkursentwicklung Schuld. Es ist in meinen Augen vielmehr ein komplettes Desinteresse des breiten Marktes an dieser Anlageklasse.
Es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Goldpreis die Minenaktien wachküssen muss. Sprich: Nur ein Ende dieser Seitwärtsbewegung bei Gold scheint die Goldminenaktien wieder in das Visier der Generalisten rücken zu können. Ein Sprung über 1.900 Dollar würde aller Voraussicht nach für deutlich mehr Interesse bei den Minen sorgen. Das scheint keine Herkulesaufgabe zu sein. 1.900 Dollar – das sind streng genommen nur knapp 7 Prozent über dem aktuellen Kurs. Doch der Goldpreis tut sich hart, irgendeine Art von neuem Aufwärtsimpuls zu entwickeln.
Das Umfeld im laufenden Jahr war gut, sehr gut sogar. Die Inflationsrate in den USA erreichte zuletzt 6,8 Prozent. Doch der Goldpreis scheint sich vor einer rascheren Zinsanhebung seitens der Fed zu fürchten. Dabei zeigt die Vergangenheit: Häufig war die Angst vor Zinsschritten größer als die Auswirkungen einer Zinsanhebung. 2015 startete die erste große Aufwärtsbewegung bei Gold, die immerhin fast ein halbes Jahr hielt, auch unmittelbar nach dem ersten Zinsschritt der US-Notenbank im Dezember. Dabei ist die Zinsanhebung nicht wirklich positiv für den Goldpreis. Doch der Fokus hat sich damals nach dem Zinsschritt darauf verlagert, wieviel Zinsschritte denn anstehen würden. Und schnell wurde klar: Die große Zinswende wird es nicht geben.
Auch dieses Mal scheint der Markt mit einer Zinswende zu rechnen. Doch letztlich dürfte auch dieses Mal die große Wende eine Illusion bleiben. Sobald der Markt erkennt, dass die Fed in der 0-Zinsfalle sitzt und ein Zinsanhebungszyklus reine Utopie ist, wird der Goldpreis wieder Fahrt aufnehmen und die Minen mit sich ziehen. Streng genommen sind die Minen schlicht und einfach zu günstig, um sie noch ein weiteres Jahr zu ignorieren.
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