Bisher sind die deutschen Banken relativ glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen. Auch die kriselnden Großbanken konnten noch Gewinne oder eine schwarze Null erreichen. Die faulen Kredite selbst sind bei Deutscher Bank und Commerzbank nicht wesentlich gestiegen, sondern die Vorsorge für die kommenden Quartale. Etliche Experten erwarten in den nächsten Monaten indes eine größere Krise und eine Welle von Insolvenzen.
So stieg die Risikovorsorge der Commerzbank im zweiten Quartal mit 469 Millionen Euro zwar stark an (Q2/2019: 178 Millionen Euro). Aber alleine 175 Millionen Euro entfielen auf einen Einzelfall, bei dem es sich wahrscheinlich um die insolvente Wirecard handelt. Die Pleite des Zahlungsdienstleisters hat mit der Corona-Pandemie allerdings nichts zu tun, sondern ist anscheinend auf groß angelegten Betrug zurückzuführen. Corona selbst schlug mit 131 Millionen Euro bei der Risikovorsorge zu Buche, wobei 84 Millionen Euro vorsorglich zurückgestellt wurden. Die Quote fauler Kredite an den Gesamtausleihungen bliebt somit unverändert bei niedrigen 0,8 Prozent.
Hat die Deutsche Bank zu wenig zurückgelegt?
Die Deutsche Bank wies im abgelaufenen Quartal ein Risikoergebnis von 761 Millionen Euro auf. Dabei ist der Anstieg aber ebenfalls zum Großteil auf Rückstellungen für ausfallgefährdete Kredite in der Zukunft zurückzuführen und nicht auf tatsächliche Ausfälle in den letzten Monaten. Ein Kritikpunkt von Analysten ist hierbei allerdings die im Vergleich zur Konkurrenz geringe Höhe der Rückstellungen im Verhältnis zum gesamten Kreditengagement.
Insolvenz-Moratorium vor Verlängerung
Das Finanzinstitut hat mehrfach betont, dass es einen Großteil seiner Geschäfte in Deutschland macht und von den umfangreichen Hilfsmaßnahmen des Staates für die Wirtschaft profitiert hat. Hintergrund dürfte sein, dass Unternehmen bis September nicht mehr anzeigen müssen, wenn sie insolvent sind. Die Koalition in Berlin plant nun, das Moratorium zu verlängern. Uneinigkeit herrscht dabei, ob die Regelung nur bis Jahresende, oder gar bis März 2021 gelten soll.
Politik in der Zwickmühle
Die Aussetzung des Insolvenzrechts hat die Banken bisher vor größeren Kreditausfällen bewahrt. Je nach Entwicklung der Konjunktur ist es schwer vorstellbar, dass die Politik in Deutschland kurz vor der Wahl im kommenden Jahr eine größere Pleitewelle zulässt. Vielmehr muss damit gerechnet werden, dass staatliche Unterstützungsleistungen so lange fortgeführt werden, wie notwendig. Deutschland ist mit einer relativ geringen staatlichen Verschuldung in die Pandemie gegangen und hat somit mehr Spielraum als andere Länder.
Der Staat greift immer mehr in die Wirtschaft ein, um die volkswirtschaftlichen Schäden der Viruserkrankung zu reduzieren. Die große Bereinigung der Wirtschaft dürfte damit ausbleiben. Deutsche Bank und Commerzbank werden so vor größeren Abschreibungen vorerst verschont. Beide Institute befinden sich in einem grundlegenden Umbau, wobei kurzfristig die Chancen bei der Commerzbank-Aktie größer erscheinen. DER AKTIONÄR hat beide Werte auf seiner Empfehlungsliste. Mutige können ein Engagement wagen.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Commerzbank.
Hinweis auf Interessenkonflikte gemäß §34b WpHG:
Aktien von Commerzbank befinden sich im AKTIONÄR-Depot