Ein Kommentar von Alfred Maydorn: Jetzt also doch: Die Deutsche Bank braucht – schon wieder – frisches Geld und hat am Freitagabend eine Kapitalerhöhung über acht Milliarden Euro angekündigt. Dabei klang das im Januar noch ganz anders, als Firmenchef John Cryan sagte, man wolle „am liebsten“ ohne Kapitalerhöhung auskommen. Da hatte er vermutlich noch ein Fünkchen Hoffnung, die Postbank doch noch irgendwie verkaufen zu können. Jetzt muss man die in die roten Zahlen gerutschte Tochter doch behalten und will sie in das eigene Geschäft integrieren. Das soll drei bis fünf Jahre dauern und 1,5 bis 2 Milliarden Euro kosten.
Abgefahrene Reifen und Schokolade
Weil sich John Cryan und Kollegen bewusst sind, dass die Anleger nicht unbedingt Schlange stehen werden, um die neu auszugebenen Aktien zu bekommen, bietet man sie zum Schnäppchenpreis von 11,65 Euro an und damit mit einem wirklich ordentlichen Abschlag von fast 40 Prozent zum Xetra-Schlusskurs am Freitag, der bei 19,14 Euro lag. Aber auch dieser sehr tiefe Preis dürfte nur bedingt für lebhafte Nachfrage sorgen. Schließlich kauft man sich auch bei noch so niedrigen Preisen auch keine abgefahrenen Reifen.
Und die kauft man sich auch übrigens auch dann nicht, wenn man noch ein Stückchen Schokolade dazu gereicht bekommt. Aber das sieht man bei der Deutschen Bank offenbar anders und glaubt tatsächlich, den Anlegern die Horrornachrichten mit der Ankündigung einer Dividende von 0,19 Euro pro Aktie zumindest etwas versüßen zu können. Die Deutsche Bank ist doch immer wieder für Überraschungen gut – nur leider eher für skurrile als für positive.
Ich weiß nicht, wie ich mich jetzt als Aktionär der Deutschen Bank fühlen würde, weil ich auch – zum Glück – noch nie einer war. Aber ich kann mir ganz gut vorstellen, dass so langsam das letzte Fünkchen Vertrauen in das ehemals strahlende Deutsche Finanzinstitut verglüht ist.
SNAP – teuer, aber offenbar nicht teuer genug
Das Vertrauen der Anleger in Snap, den Anbieter des Messenger-Foto-Dienstes Snapchat, ist indes scheinbar grenzenlos. Trotz der schon üppigen Bewertung zum Börsengang am vergangenen Donnerstag schnellte die Aktie am ersten Handelstag um 44 Prozent nach oben und legte dann am folgenden Tag nochmals 11 Prozent oben drauf. Jetzt kostet also eine Firma mit einem Jahresumsatz von 404 Millionen Dollar und einem noch höheren Verlust an der Börse 31 Milliarden Dollar. Da soll noch irgendwer behaupten, Tesla sei überbewertet.
Euphorie geht anders
Aus einer überteuerten Neuemission aber gleich eine Blasenbildung im Technologiesektor oder gar an der ganzen Börse abzuleiten, geht dann doch etwas zu weit. Denn von Euphorie ist der Emissionsmarkt wirklich meilenweit entfernt, wie sich schnell zeigt, wenn man die heutige Situation mit der aus dem Jahr 1999 vergleicht, als es zu einen regelrechten IPO-Wahnsinn kam: Während im gesamten Jahr 2016 in den USA nur 16 Technologie-Börsengänge mit einem Gesamtvolumen von 1,8 Milliarden Dollar an die Börse gingen, waren es im Jahr 1999 kamen allein 289 Internetfirmen mit einem Volumen von 24,7 Milliarden Dollar. Und die 44 Prozent Aufschlag von Snap sind geradezu Peanuts gegen die 698 Prozent (!) Tagesgewinn von VA Linux beim IPO im Dezember 1999.
Fazit: Snap überteuert? Definitiv! Börse überhitzt? Keinesfalls! Und die Deutsche Bank? Ja die ist krank – und der Heilungsprozess wird wohl – noch – länger brauchen als gedacht. Mich wundert es fast ein wenig, dass sich der Kurs der Aktie noch so gut hält und „nur“ um fünf Prozent nachgibt.
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