Die Deutsche Bank steht womöglich unmittelbar vor dem größten Umbau der Unternehmensgeschichte. Während der Aufsichtsrat des größten deutschen Geldinstituts tagt, sickern immer mehr Informationen durch. Christian Sewing – das gilt als sicher – wird trotz vernichtender Aktienkursbilanz weiterhin im Amt bleiben. Garth Ritchie scheidet als Chef des Investmentbanking zum Monatsende aus. Doch damit nicht genug. Auch andere Vorstandsposten könnten neu besetzt werden. Und: 15.000 bis 20.000 Stellen könnten dem Rotstift zum Opfer fallen.
Bei der Deutschen Bank bahnt sich ein grundlegender Umbau an. Seit gut einer Woche wird in Medienberichten über den Abbau von konzernweit 15.000 bis 20.000 Vollzeitstellen spekuliert – es könnte also jede fünfte der zuletzt knapp 91.500 Stellen treffen. Erwartet werden Kürzungen vor allem im Investmentbanking. Nachdem die Bank am Freitag die Trennung von Investmentbankchef Garth Ritchie verkündet hat, könnten noch am Sonntag weitere Entscheidungen fallen.
Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge dürfte der Aufsichtsrat mehrere Vorstandsposten des Geldhauses neu besetzen. So stünden Privatkundenvorstand Frank Strauß und die für Regulierungsthemen zuständige Silvie Matherat vor dem Abgang. Bereits am Freitag hatte der DAX-Konzern bestätigt, dass Investmentbankchef Garth Ritchie das Haus zum 31. Juli verlässt. Vorstandschef Christian Sewing macht die Führung der zuletzt schwächelnden Unternehmens- und Investmentbank zur Chefsache. Finanzchef James von Moltke soll Bloomberg zufolge an Bord bleiben.
Unterdessen wolle die Bank voraussichtlich Vermögenswerte im Umfang von bis zu 80 Milliarden Euro in eine hauseigene Bad Bank verschieben, schreibt die Agentur. Dies entspräche rund 23 Prozent der risikogewichteten Vermögenswerte des Instituts.
Konzernchef Sewing hatte bei der Hauptversammlung im Mai "harte Einschnitte" bei Deutschlands größtem Geldhaus angekündigt. Der ehemalige Privatkundenchef, der die Bank seit April 2018 führt, hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass bei den Kürzungen das Kapitalmarktgeschäft im Zentrum stehen würde. Zum Investmentbanking zählen traditionell der Handel mit Wertpapieren und Devisen aller Art sowie die Betreuung von Firmenübernahmen, Fusionen und Börsengängen.
Sewing selbst muss wohl nicht um seinen Posten bangen. Obwohl die Aktie der Deutschen Bank seit seinem Antritt im April 2018 massiv an Wert verloren hat, wie der nachfolgende Chart belegt.
Peter Altmaier: "Zuversichtlich, dass der Umbau gelingen wird"
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier äußerte sich zuversichtlich, dass Deutschlands größtem Geldhaus die Neuausrichtung gelingen wird. "Die Deutsche Bank spielt in der ersten Liga und muss jetzt die Weichen dafür stellen, dass das so bleibt", sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag. Die Deutsche Bank stehe "vor denselben Herausforderungen wie die restliche Wirtschaft auch", führte Altmaier aus. "Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Ich bin zuversichtlich, dass der Umbau der Deutschen Bank gelingen wird."
In den Jahren vor der Finanzkrise 2007/2008 war das Investmentbanking zeitweise eine Goldgrube für die Deutsche Bank. Die Sparte steuerte den Löwenanteil zum Konzerngewinn bei. Doch die Krise offenbarte die Schattenseiten vieler Geschäfte: Über Jahre musste sich der Dax-Konzern danach mit Klagen herumschlagen und zahlte etliche Milliarden an Geldstrafen. In den vergangenen beiden Quartalen schrieb die Investmentbank rote Zahlen.
Die Aktie der Deutschen Bank hat zuletzt stark an Wert hinzugewonnen, nachdem sie zuvor auf ein neues Tief gefallen war. Ankündigungen, die eine Straffung der Kostenstruktur hindeuten, könnten dem Kurs weitere Impulse liefern. Von einer Trendwende zu sprechen – dafür ist es allerdings noch zu früh. Trader nutzen allerdings das Momentum und lassen Gewinne laufen.
Mit Material von dpa-AFX