Während rund um den Globus die Corona-Infektionszahlen deutlich ansteigen und das Risiko neuer Lockdowns größer wird, sind die Investoren hierzulande zuletzt wieder auf Nummer sicher gegangen. Dabei hat der DAX seinen Aufwärtstrend seit dem Corona-Crash nach unten verlassen. Viele Quartalszahlen werden entscheiden, wie weit der Rückfall kurzfristig geht. Ein Wochenausblick.
Der Deutsche Aktienindex DAX tritt zu Beginn des Börsenmonats August in eine etwas schwierige Phase. Vor wenigen Tagen fehlten ihm nur noch weniger als 500 Punkte zu einem neuen Rekord, doch dann haben die Anleger kalte Füße bekommen.
Am Freitag war der DAX nach freundlichem Beginn am Nachmittag aber ins Minus abgerutscht, als auch der New Yorker Dow Jones Industrial mit den US-Standardwerten eine schwächere Tendenz einschlug. Letztlich ging der Leitindex bei 12.313 Punkten ins Wochenende, womit er im Wochenverlauf gut vier Prozent verloren hat. Im gesamten Monat Juli schmolz das Plus auf nur noch 0,02 Prozent.
Mit dem jüngsten Kursrutsch hat der zuletzt etwas heißgelaufene DAX seinen kurzfristigen Aufwärtstrend verlassen. Technisch dürfte nun in den kommenden Tagen oder Wochen zumindest eine Seitwärts-Konsolidierung folgen.
Charttechnisch bedeutsam erscheint kurzfristig das Verteidigen des gleitenden 200-Tage-Durchschnitts. "Ideal wäre es, wenn der DAX noch einmal die 200-Tage-Linie bei gut 12.000 Punkten berührt und dabei gleichzeitig in eine deutlich überverkaufte Marktlage gerät", stellte der Börsenbrief-Autor Hans Bernecker ein Szenario auf. Er hält dann einen Anlauf für möglich, die bisherige Rekordmarke zu überwinden. "Gelingt dies, marschiert der DAX Richtung 14.000 Punkte und mehr", so der Experte.
Der Index der mittelgroßen deutschen Werte schloss bei 26.191 Punkten mit einem deutlich kleineren Wochen-Minus von 1,7 Prozent. Auch auf Monatssicht schlug sich der MDAX mit plus 1,4 Prozent besser als der DAX.
Der DAX-Rücksetzer auf das tiefste Niveau seit Monatsbeginn hat der vielzitierten Sorglosigkeit der Anleger wieder Grenzen gesetzt. Laut Volkswirtin Claudia Windt von der Landesbank Helaba dürfte die Sorge vor einer zweiten Welle in den kommenden Wochen die Finanzmärkte beherrschen. Ihr Kollege Robert Halver von der Baader Bank rechnet dabei vorerst mit steigender Schwankungsfreude. "Grundsätzlich bleiben die Frage einer zweiten Infektionswelle und eine im Herbst drohende Insolvenzwelle ein latentes Aktien-Risiko", warnte der Marktexperte der Baader Bank.
Wie stark schlägt die Corona-Krise nochmal durch?
Zwar zeigen Konjunktursignale derzeit durchaus wieder nach oben und auch viele Geschäftszahlen von Unternehmen untermauerten die Hoffnung, dass die Krise nicht so heftig durchschlage wie befürchte. Laut dem Chefanlagestrategen Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank sind aber aktuell wieder Befürchtungen berechtigt, dass die wirtschaftliche Erholung, die nach den massiven Einbrüchen im zweiten Quartal zweifelsfrei im Gange sei, wieder gebremst werden könnte.
Laut den Experten des Fuchs-Börsenbriefs kann ein von vielen erhofftes und zuletzt möglicherweise auch schon eingepreistes schnelles konjunkturelles Comeback in V-Form wohl doch zu den Akten gelegt werden. "Daher gehen wir davon aus, dass auch die Börse ihre V-Erholung nun abbricht und sich der Realwirtschaft wieder angleicht", hieß es im aktuellen Börsenbrief. Dort wird auch darauf verwiesen, dass sich der Aktienmarkt im August auch saisonal noch in einer schwierigen Zeit befinde, in der es häufig eher abwärts gehe.
Konjunkturdaten
Die Konjunkturlage wird in der neuen Woche von diversen wichtigen Kennziffern auf die Probe gestellt. Für Deutschland hoben die Experten der BayernLB im Wochenfahrplan die Juni-Daten zur Produktion und dem Auftragseingang hervor, die am Donnerstag und Freitag veröffentlicht werden. In den USA sehen sie neben den ISM-Indizes am Montag und Mittwoch den Arbeitsmarktbericht im Fokus, der am Freitag veröffentlicht wird. Die Landesbank rechnet am US-Jobmarkt mit einer erneuten kräftigen Erholung.
Quartalssaison erreicht einen Höhepunkt
Auf Unternehmensseite bleiben die kommenden Tage wohl von der laufenden Berichtssaison geprägt, auch wenn nicht selten schon Eckdaten bekannt sind. Weitere zehn DAX-Firmen berichten über das zurückliegende, vom Coronavirus geprägte Quartal - angefangen vom besonders schwer getroffenen Triebwerkbauer MTU am Montag.
Es folgen der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer sowie der Chiphersteller Infineon am Dienstag, bevor die Saison der Quartalsberichte dann mit dem Versicherer Allianz, dem Autobauer BMW, der Deutschen Post sowie dem Immobilienkonzern Vonovia am Mittwoch und dem Konsumgüter-Hersteller Henkel, dem Pharma- und Spezialchemie-Konzern Merck KGaA sowie dem Industriekonzern Siemens am Donnerstag auf Hochtouren läuft.
"In den bisher vorliegenden Zwischenberichten haben sich die Unternehmen gemessen an den Erwartungen relativ gut geschlagen", strahlt der Commerzbank-Experte Schickentanz einen gewissen Optimismus aus. Er schränkt aber zugleich ein, dass "im momentanen Umfeld gleichwohl nur sehr vorsichtige oder vage Ausblicke zu erwarten sind". Schickentanz geht deshalb auch von einer Fortsetzung der Konsolidierung an den Aktienmärkten aus - wenn auch ohne den ganz großen Druck nach unten. (Mit Material von dpa-AFX)