Vor den Quartalszahlen am sechsten August sind die Analysten in Sachen Siemens weitgehend positiv gestimmt. Das liegt weniger an der aktuellen Geschäftslage, sondern vielmehr an dem laufenden Umbau, der bei den Marktbeobachtern auf fruchtbaren Boden fällt. Die im dpa-AFX Analyser vertretenen Analysten empfehlen die Aktie daher mehrheitlich zum Kauf.
Die Abspaltung von Siemens Energy sei für alle Seiten von Vorteil - auch für die Aktionäre, schrieb Andreas Willi von JPMorgan jüngst in einer Studie. Bei Siemens sinke damit der Konglomeratsabschlag. Der Industriekonzern könne sich stärker auf Geschäftsbereiche mit Wachstumspotenzialen konzentrieren.
Die beschlossene Abspaltung des Energiesegments schärfe und vereinfache die Struktur des Konzerns, kommentierte Deutsche-Bank-Experte Gael de-Bray. Guillermo Peigneux Lojo von der UBS taxiert den Wert der neu geschaffenen Energiesparte Siemens Energy dabei auf rund zehn Milliarden Euro. Die positiven Aspekte würden noch weitgehend vernachlässigt.
Erholung in Sicht
Aber auch für das dritte Quartal sehen die Experten mittlerweile positive Signale. JPMorgan-Analyst Willi etwa rechnet vor einem schwierigen Hintergrund für das dritte Geschäftsquartal mit soliden Zahlen im Kerngeschäft. Vor allem der Bereich mit Industriesoftware dürfte vergleichsweise gut gelaufen sein. Nach von Siemens verbreiteten Konsensschätzungen für das dritte Geschäftsquartal rechnet er damit, dass der Konzern die Erwartungen leicht übertrifft. Siemens dürfte auch von höheren Einsparungen profitiert haben.
Daniela Costa von Goldman Sachs rechnet mit einer schneller als gedachten Erholung des Digitalgeschäfts und erwartet über alle Sparten hinweg ein höheres Wachstum aus eigener Kraft und einer höheren Profitabilität als zuvor.
In dem von Siemens zusammengestellten Konsens erwarten Analysten im Mittel ihrer Schätzungen einen Umsatz von 12,75 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes operatives Ergebnis der Industriegeschäfte von knapp 1,2 Milliarden Euro. Dies entspricht nochmals einem Rückgang im Vergleich zum Vorquartal. Unter dem Strich dürfte ein kleiner Gewinn von 51 Millionen Euro nach Minderheiten stehen, geht aus den Schätzungen hervor. Für Siemens Energy erwarten die Experten einen Verlust.
Die Industrieproduktion kehre zu höheren Niveaus zurück, so Commerzbank-Analyst Ingo-Martin Schachel. Zwar rechnet er fürs laufende Quartal noch mit erheblichen Umsatz- und Gewinnrückgängen. Er gibt sich aber zunehmend zuversichtlich, dass sich die Ergebnisse 2020/21 erholen werden. Das impliziere auch eine Rückkehr zum Wachstum in den Kernsegmenten des Technologiekonzerns im Kalenderjahr 2021.
Die Siemens-Aktie hat sich seit dem Corona-Tief fast verdoppelt. Angesichts der doch größeren Auswirkungen der Krise ist das durchaus ambitioniert. Am Markt setzt sich jedoch mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass der Umbau wertsteigernd ist. DER AKTIONÄR meint: Siemens geht den richtigen Weg. Anleger lassen die Gewinne laufen. Neueinsteiger können einen Rücksetzer abwarten.
Mit Material von dpa-AFX