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22.04.2022 ‧ dpa-Afx

ROUNDUP 2: SAP enttäuscht Finanzmarkt einmal mehr mit geringer Profitabilität

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SAP

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WALLDORF (dpa-AFX) - Europas größter Softwarekonzern SAP kommt bei seinem angepeilten Wachstum des Geschäfts mit sogenannter Cloudsoftware voran. Allerdings haben die Investitionen in den Ausbau des Geschäfts mit Software zur Nutzung über das Netz (Cloud) und der Rückzug aus Russland das Ergebnis zum Jahresstart stärker als erwartet belastet. Konzernchef Christian Klein hatte im Oktober 2020 angekündigt, Wachstum erst einmal über eine höhere Profitabilität zu stellen. Seitdem hat der Konzern am Finanzmarkt einen schweren Stand. Das Ergebnis des ersten Quartals hellte die Stimmung nicht auf - im Gegenteil: Der Aktienkurs des Dax-Schwergewichts gab deutlich nach und fiel zeitweise auf den tiefsten Stand seit rund eineinhalb Jahren.

Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis sei in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent auf knapp 1,7 Milliarden Euro gefallen, teilte SAP am Freitag in Walldorf mit. Der Umsatz zog dagegen um elf Prozent auf fast 7,1 Milliarden Euro an. Die Erlöse in der Cloud legten dabei um 31 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro zu. Die Marge gemessen am bereinigten Betriebsergebnis sank um 3,7 Prozentpunkte auf 23,7 Prozent. Damit übertraf der Konzern die Erwartungen der Experten beim Erlös, verfehlte sie aber beim Ergebnis und der Marge deutlich. Die Prognosen für das laufende Jahr wurden vom Unternehmen erwartungsgemäß bestätigt.

Demnach soll der Umsatz mit Cloudsoftware in diesem Jahr währungsbereinigt um 23 bis 26 Prozent auf bis zu 11,85 Milliarden Euro steigen. Dabei besonders wichtig ist das Tempo bei der Cloudversion der SAP-Kernsoftware S/4 Hana - hier verspricht sich Klein den größten Hebel, um die Geschäfte nach vorn zu bringen. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) dürfte währungsbereinigt hingegen lediglich stabil bleiben oder sogar um bis zu fünf Prozent schrumpfen, die Marge dürfte damit wegen erhöhter Investitionen ins Wachstum erneut zurückgehen.

Konzernlenker Klein hatte mit dem verstärkten Fokus auf die Cloud in seinem Strategieschwenk auch die hohen Margenambitionen seines Vorgängers kassiert. Erst 2023 soll das operative Ergebnis wieder zulegen. Beim Produktumsatz aus Lizenzprogrammen, Wartungsverträgen und Cloudsoftware rechnet SAP in diesem Jahr mit einem währungsbereinigten Plus von vier bis sechs Prozent auf 25 Milliarden Euro bis zu 25,5 Milliarden Euro. Der freie Barmittelzufluss dürfte mit gut 4,5 Milliarden Euro hinter dem Vorjahreswert von 5 Milliarden zurückbleiben.

In den ersten drei Monaten belasteten nicht nur die Investitionen in den Ausbau des Cloudgeschäfts, sondern auch der Rückzug aus dem Geschäft in Russland, nachdem das Land die Ukraine angegriffen hatte. Unter dem Strich brach der Gewinn deshalb um 41 Prozent auf 632 Millionen Euro ein. SAP hatte Anfang März alle neuen Verkäufe in Belarus und Russland gestoppt. Außerdem wurde damit begonnen, den Cloudbetrieb in Russland einzustellen. Zudem sei geplant, Support und die Wartung von sogenannten On-Premise-Produkten in Russland zu beenden.

Die Belastung für das bereinigte Betriebsergebnis im ersten Quartal bezifferte SAP auf 70 Millionen Euro. Für das gesamte Geschäftsjahr rechnet der Konzern damit, dass der Rückzug aus Russland den operativen Gewinn mit rund 350 Millionen Euro belastet. Dazu kommen noch Restrukturierungsaufwendungen von bis zu 100 Millionen Euro.

Die Aktie sackte am Freitag um bis zu fünfeinhalb Prozent auf 94,04 Euro ab und war damit so billig wie seit November 2020 nicht mehr. Zuletzt konnte sich die Aktie aber zumindest wieder etwas erholen, verlor aber immer noch knapp drei Prozent. Seit dem Rekordhoch im September 2020 von etwas mehr als 143 Euro ging es für das Papier vor allem wegen der einkassierten Margenziele steil nach unten. Der Börsenwert sank um fast 60 Milliarden Euro auf zuletzt nur noch 119 Milliarden Euro. Damit büßte das 1972 gegründete Unternehmen auch den Rang des wertvollsten deutschen Börsenunternehmens ein - das ist derzeit unangefochten der Industriegashersteller Linde .

Der Kursrutsch soll auch ein Grund für den Rückzug des Finanzvorstands Luka Mucic sein. Im März hatte SAP überraschend angekündigt, dass dieser seinen eigentlich bis 2026 laufenden Vertrag nicht erfüllen wird und das Unternehmen im kommenden Jahr verlassen soll. Über die Gründe für den Abschied von Mucic gibt es einige Spekulationen. So soll der unter Analysten anerkannte Fachmann für Finanzen und Produkte, der in den vergangenen Jahren zu den wenigen Konstanten im Vorstand des Softwareherstellers gehörte, auch Ambitionen auf den Chefsessel gehabt haben.

Dort sitzt jetzt aber Christian Klein, der im Herbst 2019 auf den Amerikaner Bill McDermott folgte - zuerst mit Jennifer Morgan zusammen und seit April 2020 alleine. McDermott hatte SAP unter anderem mit einer Reihe von Übernahmen auf Wachstum getrimmt und dabei aber auch eine Produktpalette geschaffen, die schwer zu durchschauen ist. Zudem waren viele Angebote nicht aufeinander abgestimmt und die Unzufriedenheit bei den Kunden stieg.

Aus diesem Grund zog Aufsichtsratschef Hasso Plattner die Reißleine, zumal McDermott auch am Kapitalmarkt nicht mehr so gut ankam. Nachdem er den Kurs lange Zeit nach oben getrieben hatte, kamen im Sommer 2019 zunehmend Zweifel an seiner Strategie auf. Aber auch Kleins Weg überzeugt hier noch lange nicht. So hinkt der Kurs der SAP-Aktie denjenigen der US-Konkurrenten Oracle und Salesforce seit Anfang 2019 deutlich hinterher.

Für Plattner, der das Unternehmen mitgegründet hat und noch sechs Prozent der Anteile hält, liegt das auch daran, wie SAP zuletzt kommuniziert hatte. Aus diesem Grund sei bei der Suche nach einem Nachfolger für Mucic das wichtigste Thema die Kapitalmarktkommunikation. "Das machen viele Konkurrenten besser als wir, am besten Oracle", hatte er vor Kurzem in einem Interview mit dem "Handelsblatt" gesagt. Derzeit läuft die Suche nach einem geeigneten Nachfolger.

Das Gros der Analysten hält SAP derzeit auch für deutlich unterbewertet. So empfehlen 25 der 36 von Bloomberg erfassten Experten das Papier zum Kauf und keiner der Experten hat dabei ein Kursziel von weniger als 100 Euro. UBS-Experte Michael Briest zum Beispiel traut der Aktie einen Kurs von 145 Euro zu. Er wollte die schwache Ergebnisentwicklung in den ersten Monaten des Jahres nicht überbewerten. Unter Ausklammerung des gestoppten Russland-Geschäfts seien die Kennziffern des Softwarekonzerns insgesamt wie erwartet ausgefallen, schrieb er in einer Kurzstudie am Freitag./zb/ngu/he

Quelle: dpa-AFX

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