Die Papiere des Versorgers RWE können sich auch im freundlichen Marktumfeld nicht von den jüngsten Tiefs lösen. Die Auswirkungen der Hochwasser-Katastrophe und die allgemein schwache Stimmung bei Green-Tech-Aktien, zu denen RWE inzwischen gezählt wird, belasten. Zudem droht nun der Kohlekompromiss neu aufgearbeitet zu werden.
So will der bayerische Ministerpräsident Markus Söder den beschlossenen Ausstieg aus der Kohlekraft in Deutschland nach der Bundestagswahl neu verhandeln. Es müsse geprüft werden, „ob ein Ausstieg aus der Kohle nicht schneller möglich ist“, sagte der CSU-Vorsitzende am Mittwoch in seiner Regierungserklärung im bayerischen Landtag in München. „Ich halte 2038 auch an dieser Stelle für unambitioniert.“ Er kündigte an, sich dafür einsetzen zu können, schon 2030 den Kohleausstieg zu ermöglichen.
Söder hatte bereits vor zwei Jahren einen Kohleausstieg bis 2030 gefordert, am Ende beschloss der Bund aber den Ausstieg erst bis zum Jahr 2038. Aus seiner Sicht ist ein schnellerer Ausstieg wichtig, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.
Schnelle Kritik
Kritik kam umgehend von der FDP. „Söder irrlichtert wieder mal ahnungslos umher und verwechselt populistische Symbolpolitik mit echtem Klimaschutz“, sagte der klimapolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Lukas Köhler. Der steigende CO2-Preis werde nach Ansicht nahezu aller Experten dafür sorgen, dass die Kohleverstromung vor 2030 unrentabel und damit marktwirtschaftlich beendet werde. „Die von Söder geforderte Neuverhandlung des Kohleausstiegs hätte keinen Nutzen für den Klimaschutz, sondern würde lediglich den Kraftwerksbetreibern weitere Milliarden an Entschädigungen auf Kosten der Steuerzahler in die Kassen spülen.“
Auch Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer will an dem beschlossenen Ausstieg aus der Kohlekraft bis zum Jahr 2038 festhalten. „Der Kohlekompromiss muss weiter gelten. Der Kompromiss gibt Sicherheit für alle Betroffenen“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Dresden. „Der Freistaat Bayern ist nicht betroffen und kann von außen leichter reden.“ Man habe über Jahre mit allen Verbänden beraten und einen „guten, nicht einfachen Weg“ gefunden. Dieser gelinge aber nur, wenn getroffene Vereinbarungen nicht ständig in Frage gestellt würden.
Für RWE wären neue Verhandlungen ärgerlich. Höhere Entschädigungen dürften zwar ein früheres Kohle-Aus finanziell wohl kompensieren, doch die Unsicherheit wäre wieder im Markt. Der Umbau zu mehr Erneuerbaren Energien könnte sich verzögern. Es ist allerdings eher unwahrscheinlich, dass es so weit kommt. Die Auswirkungen auf die Aktie halten sich daher in Grenzen. Nachdem RWE zuletzt unter den Stopp gefallen ist, warten Anleger dennoch vorerst ab, bis die Bodenbildung abgeschlossen ist.
Mit Material von dpa-AFX