Nio hat zuletzt ordentliche Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt. Mit einem Umsatz von 10,3 Milliarden Yuan (umgerechnet und 1,5 Milliarden Euro) konnte sich der Elektroautobauer gegenüber dem Vorjahr (8,4 Milliarden Yuan) deutlich verbessern. Mit den Zahlen für das zweite Quartal hat Nio nicht nur die eigene Prognose, sondern auch den Analystenkonsens übertroffen.
Die Positionierung im Premium-Segment macht Sinn. Und wird sich langfristig auszahlen. DER AKTIONÄR sprach mit Hui Zhang, Vice-President von Nio Europa über die Zukunft des EV-Start-Ups (Teil 3)
DER AKTIONÄR: Warum will Nio eigene Akku-Wechsel-Stationen aufbauen – was spricht für diesen Service? Und wie wird dieser zum Beispiel in China angenommen?
Hui Zhang: Unser Auto kann einerseits ganz normal geladen werden. Alternative ist es, eine Batterie-Wechsel-Station anzusteuern und den Akku zu tauschen. Die Wechsel-Station ist für uns in Europa ein Alleinstellungsmerkmal. Darin enthalten sind über 400 Patente.
Wir haben beschlossen, die Batterie-Wechsel-Station als eine komfortable Lösung für unsere Kunden zu definieren.. Damit jeder unserer User in China in den Genuss der vielen Vorteile kommen kann, welche sich durch das damit verbundene „Battery-as-a-Service“, kurz BaaS, ergeben, bauen wir unser Netz an Swap Stations kontinuierlich aus. Bis heute haben wir über 1.100 weltweite Swap-Stations in Betrieb. Bis Ende des Jahres sollen es rund 1300 sein. Darunter auch einige in Europa.
BaaS-User können ein Auto ohne Batterie kaufen. Darüber hinaus können BaaS-Nutzer je nach Bedarf Akkupacks mit unterschiedlicher Kapazität leasen und monatlich bezahlen. BaaS-Nutzer haben außerdem Anspruch auf die Power Swap-Nutzung sowie die flexiblen Batterie-Upgrade-Dienste von Nio, womit das wechseln auf unterschiedliche Batterie-Kapazitäten gemeint ist. Übrigens kommt der Service einer Batterie-wechsel-Station sehr gut an. In Norwegen wählen rund 95 Prozent der NIO-Kunden diesen Service.
DER AKTIONÄR: Aber diese Akku-Wechsel-Stationen sind doch ein hoher Kostenfaktor für Nio?
Hui Zhang: Sie sind Teil unserer umfangreichen Investitionen in eine Infrastruktur, die NIO stringent aus Sicht der Nutzer entwickelt hat. Beispiel: Mit BaaS (Battery as a Service) nehmen wir unseren Usern nicht nur die Reichweiten-Angst. Wir schaffen maximale Flexibilität rund um das Thema Laden und Batterie Das war unser Ziel, als wir das Konzept der Swap-Station integriert haben.
Wir wollen bis 2025 weltweit 4000 dieser Wechselstationen in Betrieb haben, davon 1000 außerhalb Chinas.
Dazu haben wir erst kürzlich in Ungarn in der Nähe von Budapest eine Fabrik aufgebaut, in der wir Batterie-Wechsel-Stationen für den europäischen Markt bauen.
DER AKTIONÄR: Können sie sich vorstellen, diese Swap-Stations auch für andere Hersteller zu öffnen?
Wir sind bei NIO absolut überzeugt von dieser Technologie und haben immer gesagt, dass wir dahingehend für Gespräche mit Interessenten offen sind.
DER AKTIONÄR: Sie wollen aber auch ein eigenes Lade-Netz aufbauen – warum?
Hui Zhang: Weil NIO aus Sicht des Users natürlich auch Ladeinfrastruktur anbieten sollte, Angefangen bei Home-Chargern für das Aufladen zu Hause, bis hin zu eigenen NIO Schnell-Ladesäulen. Wir betreiben bereits unser eigenes Ladenetz in China und bauen dieses kontinuierlich aus. Wir wollen das Nutzererlebnis im Bereich E-Mobilität neu definieren. Dazu zählt neben herausragenden Services und Fahrzeugen selbstverständlich auch, eine Ladeinfrastruktur mit unterschiedlichen Lade-Möglichkeiten zu bieten.
DER AKTIONÄR: Die ersten Modelle des ET7 sind auf dem Weg nach Deutschland – wie wichtig ist für Nio Europa?
Hui Zhang: Wir betrachten den Europäischen Markt neben China als einen der wichtigsten Märkte für Elektroautos. Nicht ohne Grund haben wir 2015 das globale Design für NIO in München angesiedelt und in England frühzeitig ein R&D Center für Fahrzeugkonzept-Entwicklung eröffnet. Europa ist sehr innovationsfreundlich. Wir erwarten, dass wir unser Produkte und Services etablieren können. In Norwegen zum Beispiel sind wird seit Oktober 2021 präsent.
Hier haben wir unser gesamte NIO-Infrastruktur schon weitgehend aufgebaut. Von den Autos über die NIO Houses bis hin zu Batterie-Wechsel-Stationen und einem eigenen NIO Service Center. Allein im Nio House in Oslo hatten wir seit dem 1.Oktober 2021 über 120.000 Besucher. Nio ist hier vor allem auch eine Art Lifestyle.
DER AKTIONÄR: Könnten sie sich vorstellen, eine Produktionsstätte in Deutschland aufzubauen?
Hui Zhang: Bis jetzt haben wir noch keine Pläne dafür. Derzeit haben wir in China noch genügend Kapazitäten. Es ist allerdings ein dynamischer Prozess und man kann nichts ausschließen.
Wir verfolgen das Ziel, uns einen Anteil am globalen Premium-EV-Markt zu sichern. Acht Jahre nach unserer Gründung haben wir heute bereits sechs Modelle im Verkauf. Das Tempo ist hoch. Wir haben also viel vor in den kommenden Jahren.
Nio hat gute Zahlen vorgelegt. Das Start-up wird peu a peu neue Modelle ausrollen und neue Märkte erobern. Auch die extrem gute Positionierung in Sachen autonomes Fahren und Software spricht für Nio. Spannend wird allen voran die neue Premium-Limousine ET5. Die Aktie hat das Potenzial, in den nächsten Monaten besser abzuschneiden als BYD