Der Krisenjet Boeing 737 Max darf nach fast zwei Jahren Flugverbot auch in Europa wieder abheben. Nachdem die US-Luftfahrtbehörde FAA schon im November grünes Licht gegeben hatte, folgte am Mittwoch auch die Zulassung der europäischen Aufsicht EASA. Die Boeing-Aktie sackt dennoch ab. Schuld sind Geschäftszahlen.
Die Corona-Krise, das Debakel um den Absturzjet 737 Max und neue Verzögerungen beim Großraumjet 777X haben dem US-Flugzeugbauer Boeing 2020 einen Rekordverlust eingebrockt. Unter dem Strich stand ein Minus von mehr als 11,9 Milliarden US-Dollar. Es ist der mit Abstand höchste Verlust, den Boeing in seiner mehr als 100-jährigen Konzerngeschichte bislang verschmerzen musste. 2019 hatte es bereits ein Minus von 636 Millionen Dollar gegeben.
Allein wegen der 777X legte Boeing zum Jahresende 6,5 Milliarden Dollar zurück. Unterm Strich verlor der Konzern allein in den drei Monaten bis Ende Dezember 8,4 Milliarden Dollar, vor einem Jahr hatte die Quartalsbilanz mit gut einer Milliarde im negativen Bereich gelegen. Verschmerzen musste der Hersteller auch noch Kosten für einen Vergleich mit dem US-Justizministerium wegen Betrugsvorwürfen beim 737-Max-Skandal.
Boeings Umsatz fiel 2020 um 24 Prozent auf 58,2 Milliarden Dollar - der schwächste Wert seit rund 15 Jahren. Die Erlöse litten zusätzlich unter Problemen beim Langstreckenjet 787 "Dreamliner", dessen Auslieferung wegen Produktionsmängeln stockte.
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Die Zahlen reflektierten die starken Belastungen für die Luftfahrt durch die Corona-Pandemie und das lange Flugverbot für den Unglücksflieger 737 Max, erklärte Boeing-Chef Dave Calhoun in einem Memo an die Mitarbeiter. Der Konzern habe jedoch wichtige Fortschritte dabei gemacht, die Sicherheitsprozesse zu verstärken, Vertrauen zurückzugewinnen und die Weichen für eine geschäftliche Erholung zu stellen.
Bei Anlegern kamen die Zahlen indes nicht gut an, die Aktie reagierte mit deutlichen Kursabschlägen. Die im Dow Jones notierte Aktie sackte erstmals seit November wieder unter die 200-Dollar-Marke ab.
Besonders die neuen Probleme und immensen Kosten beim modernisierten Großraumjet 777X dürften am Markt für schlechte Stimmung gesorgt haben. So soll das erste Exemplar nun sogar erst Ende 2023 ausgeliefert werden. Boeing hatte die Neuauflage der 777, die dank neuer Triebwerke und verbesserter Aerodynamik deutlich weniger Kerosin verbrauchen soll, zuvor bereits mehrfach verschoben - zuletzt auf 2022.
Als Gründe für die erneute Verzögerung nannte der Konzern unter anderem veränderte Voraussetzungen für die Zulassung des Jets und die veränderte Nachfrage infolge der Corona-Krise.
Massiv belastet wurde Boeing durch das Debakel beim wichtigen Volumen- und Gewinnbringer 737 Max. Konkurrent Airbus überholte Boeing als weltgrößten Flugzeugbauer bereits 2019. Nun darf der Problemflieger zwar wieder abheben, doch die Corona-Pandemie hat die Luftfahrtbranche in eine ihrer tiefsten Krisen gebracht.
Das kostet Boeing viele Aufträge - nach Angaben des Unternehmens gab es 2020 unterm Strich gut 650 Stornierungen. Insgesamt wurden sogar mehr als 1.000 Bestellungen aus dem Orderbuch gestrichen, weil viele Aufträge als unsicher gelten. (Mit Material von dpa-AFX)
Nach zwei rabenschwarzen Jahren tun die Milliarden-Verluste weh. Doch Boeing könnte allmählich das Schlimmste hinter sich gebracht haben. Die Impfstoffe gegen das Coronavirus geben auch der Luftfahrt Hoffnung. Wie der auf Jahre ausgebuchte Rivale Airbus muss sich Boeing keine ernsthaften Sorgen um mangelnde Bestellungen machen.
Bis sich die Geschäfte nachhaltig erholen, wird es jedoch Jahre dauern. DER AKTIONÄR bevorzugt die Airbus-Aktie, da deren Probleme relativ gesehen kleiner sind.
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