Der Finanzausschuss des Bundestags setzt am heutigen Dienstag die zweitägige Sondersitzung zur Aufarbeitung des Wirecard-Skandals fort. Dabei geht es vor allem um die politische Dimension des Bilanzskandals und die Frage, wer wann über Unregelmäßigkeiten Bescheid wusste. Bereits am Montag kamen dabei neue Details ans Licht, die einen Untersuchungsausschuss in der Angelegenheit immer wahrscheinlicher werden lassen.
So seien Verdachtsmeldungen der Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls zu Wirecard nach Einschätzung von Abgeordneten bei der Staatsanwaltschaft versandet. Anfang 2019 habe die Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls zwei „sehr werthaltige“ Meldungen an das Landeskriminalamt Bayern gemacht, sagte der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann am Dienstag am Rande der zweitägigen Sondersitzung des Finanzausschusses zu Wirecard.
Dabei ging es laut Zimmermann um Wirecard-Vorstände, die in merkwürdige Transaktionen verwickelt gewesen sein sollten. Diese „Smoking Gun“ sei aber dann von der Staatsanwaltschaft offenbar nicht weiterverfolgt worden. „Das ist natürlich ein Punkt, der schon aufhorchen lässt“, sagte Zimmermann, der von einer „heißen Spur“ sprach.
Auch der FDP-Abgeordnete Florian Toncar bemängelte, das Verfahren sei viel zu schnell eingestellt worden. „Hätte man da ernsthafter weiter ermittelt, hätte man vielleicht auch Zweifel bekommen insgesamt an den handelnden Personen bei Wirecard“ – und auch Berichte über Marktmanipulationen wären dann in anderem Licht erschienen.
Keiner will den Schwarzen Peter
Am zweiten Tag der Sondersitzung sollen heute unter anderem auch der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Felix Hufeld, sowie Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling im Finanzausschuss angehört werden. Dabei dürfte es unter anderem um die Frage nach der Zuständigkeit für Aufsicht und Geldwäscheprüfung des Zahlungsdienstleisters gehen.
Die BaFin war nach Ansicht von Präsident Hufeld nur für die Wirecard Bank AG zuständig und hatte den Gesamtkonzern nicht als Finanzholding, sondern als Technologieunternehmen eingestuft. Die bayerischen Behörden wiederum hätten Wirecard nicht als Finanzunternehmen betrachtet und deshalb ebenfalls nicht auf Geldwäsche geprüft, bemängelte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer.
Weitere Wirecard-Tochter verkauft
Während in Berlin über Verantwortung und politische Aufklärung im Wirecard-Skandal gerungen und ein Untersuchungsausschuss immer wahrscheinlicher wird, gibt es auch Neuigkeiten zur Zerschlagung des insolventen Zahlungsabwicklers.
Das Münchener Start-up ID Now übernimmt nach eigenen Angaben die Wirecard Communication Services GmbH in Leipzig. Der Standort sowie der Großteil der 150 Arbeitsplätze solle erhalten bleiben. Zum Kaufpreis wollte sich ID Now allerdings nicht äußern.
Von Insolvenzverwalter Michael Jaffé gibt es ebenfalls noch kein Statement zur Verkaufsmeldung und dem erwarteten Erlös. Allzu viel kann es jedoch nicht sein: In einem Gutachten aus der Vorwoche hat er die Vermögenswerte des insolventen Konzerns auf insgesamt 428 Millionen Euro beziffert. Dem stehen allerdings Verbindlichkeiten in Höhe von 3,2 Milliarden Euro gegenüber (DER AKTIONÄR berichtete).
Die Wirecard-Aktie ist inzwischen auf Pennystock-Niveau angekommen und hat alleine am Montag bis zu 30 Prozent an Wert verloren. Dass es heute wieder über 20 Prozent aufwärts geht, ist angesichts des vorherigen Wertverlusts nur noch Makulatur und dürfte in erster Linie den Pleite-Zockern zu verdanken sein. Als seriöses Investment kommen die Papiere von Wirecard längst nicht mehr in Frage.
Mit Material von dpa-AFX.