Im Bilanzskandal bei Wirecard stehen für Gläubiger und Aktionäre Milliardensummen auf dem Spiel. Da beim Unternehmen selbst nach mehreren Verlustjahren nicht mehr viel zu holen sein dürfte, hat ein Aktionär den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Markus Braun selbst in die Pflicht genommen – mit Erfolg.
Ein Wirecard-Aktionär hat vom vormaligen Vorstandschef Markus Braun persönlich Schadenersatz gefordert und beim Oberlandesgericht München einen Vermögensarrest erreicht. Das Gericht erklärte in seinem Beschluss vom Mittwoch, eine vorsätzliche Schädigung des Aktionärs durch Braun sei ausreichend wahrscheinlich.
Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen der Forderung auf 20.000 Euro Schadenersatz ordnete das OLG „dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen des Antragstellers“ an. Der in Untersuchungshaft sitzende Manager könne den anteiligen Vermögensarrest allerdings durch Hinterlegung der geforderten Summe plus Zinsen außer Vollzug setzen.
Der Aktionär, ein Münchner Rechtsanwalt, hatte vor einem Jahr für rund 27.000 Euro Wirecard-Aktien gekauft und kurz vor der Insolvenz im Juni für gut 4.000 Euro verkauft. Er sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Jeder Aktionär kann versuchen, Vermögen von Dr. Braun anteilig einzufrieren.“ Braun habe wenige Tage vor der Insolvenz eigene Aktienpakete in Millionenwert verkauft und dürfte Immobilien im In- und Ausland haben, sagte der Rechtsanwalt.
Gutachten zeichnet katastrophales Bild
Der Zahlungsdienstleister Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und Insolvenz angemeldet. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Wirecard seit 2015 Scheingewinne auswies. Ein aktuelles Gutachten des Insolvenzverwalters scheint dies zu belegen.
Der Schaden für die kreditgebenden Banken und Investoren wird darin auf 3,2 Milliarden Euro beziffert. Braun und weitere Wirecard-Manager sitzen unter anderem wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in Untersuchungshaft.
Ex-Manager und Wirtschaftsprüfer im Visier der Kläger
Die Aktie von Wirecard ist am Freitag endgültig auf Pennystock-Niveau abgerutscht. Realistische Hoffnung auf eine Erholung gibt es nach Einschätzung des AKTIONÄR nicht mehr.
Geschädigte Anleger können jedoch über den Klageweg versuchen, ihre Verluste zu minimieren. Neben den verantwortlichen Managern scheinen Rechtsexperten dabei vor allem Klagen gegen die Wirtschaftsprüfer von EY aussichtsreich. Mehr dazu lesen Sie im kostenlosen AKTIONÄR-Ratgeber, den Sie hier abrufen können.
Mit Material von dpa-AFX.