Irrt sich das World Gold Council derart gewaltig? Bislang ging das Institut davon aus, dass China im vergangenen Jahr 1.066 Tonnen Gold gekauft hat. Doch diese Zahl dürfte bei weitem zu niedrig sein. Xu Lode, Vorstand der Shanghai Gold Exchange (SGE), hat auf einem Kongress davon gesprochen, dass die chinesische Nachfrage im vergangenen Jahr bei 2.000 Tonnen gelegen ist.
Zwar war der Kongress bereits im Juni – doch die Rede von Xu wurde jetzt erst übersetzt veröffentlicht. Das dürfte den Goldmarkt noch einmal in einem anderen Licht erscheinen lassen. Geht man davon aus, dass die gesamte Minenproduktion im vergangenen Jahr bei etwa 2.800 Tonnen gelegen ist und über 400 Tonnen aus China selbst stammen, dann verblieben im vergangenen Jahr lediglich rund 400 Tonnen neu produziertes Gold für den Weltmarkt. Und alleine die Nachfrage aus Indien hat diese 400 Tonnen bei weitem überstiegen. Mit anderen Worten: Nur durch die Rekordabflüsse von ETFs über 800 Tonnen ließ sich im vergangenen Jahr diese Nachfrage auch bedienen.
Ein falsches Bild
Interessant dürfte die Entwicklung im laufenden Jahr werden. Die Mainstream-Medien (und übrigens auch das World Gold Council) verbreiten fast einhellig, dass die Nachfrage in China dramatisch eingebrochen ist. Sie berufen sich dabei auf die Importzahlen, die aus Hongkong veröffentlicht werden. Allerdings hat mittlerweile Shanghai nicht zuletzt durch die Schaffung der SGE Hongkong als wichtigsten Umschlagplatz für Gold abgelöst. Da aber Shanghai nicht wie Hongkong Importzahlen veröffentlicht, begnügen sich offensichtlich die meisten Medien damit, die Hongkong-Zahlen als Grundlage für ihre Berichte zu verwenden. Das allerdings verfälscht das Bild gewaltig.
Koos Jansen, der unter anderem die Blog www.ingoldwetrust.ch betreibt, leistet in diesem Zusammenhang unermüdliche Aufklärungsarbeit, da er die Abflüsse aus den Lagern der SGE analysiert. So dürften die chinesischen Goldimporte seit Jahresanfang bei mehr als 1.300 Tonnen liegen. Damit dürfte man zwar leicht hinter den Zahlen des vergangenen Jahres liegen. Aber zur Erinnerung: Die Abflüsse aus den ETFs haben im vergangenen Jahr auch deutlich nachgelassen. Damit ist auf dem Weltmarkt auch weniger Gold verfügbar. Anleger sollten sich also nicht von den verbreiteten Zahlen verunsichern lassen.